Adolf Hölzel
-1 -V Ja Worte! Und die ganze Welt wird mir


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-1 -V Ja Worte! Und die ganze Welt wird mir Worten / dirigi(e)rt. Und mit Worten, mit wenigen Worten, lä(ß)t sich viel / glaubwürdiger Unsinn sagen. Wie leicht ist es gesagt: Das Genie / fällt vom Himmel! Und wie schwer ist es: Alles einzusammeln, zu / erfassen, zu er(-) kennen und sich grü:ndlich anzueignen, zu / beherrschen, in Fleisch und Blut zu bekomme:n(,) kurz so sich / auszukennen und damit zu wirtschaften, da(ß) ein Kunstwerk entsteht. / Reizend und verführerisch ist das Märchenff) vom Genie, das / vom Himmel fällt und wieder dorthinu) zurückkehrt, und / welche Summe unausrottbarer Irrtümer sind damit in die Welt / geleitet! Schon die 5 und bjährigen Französischen Kinder / plappern französisch, sind also uns (a)nderen / gegenüber französische ~enies"). Man folgere auf (a)nderes. Um mit / wenigen Worten das Richtige zu sagen(,) mu(ß) man das Richtige / kennen und wissen. Wie kann einer das Richtige in der / Malerei wissen, wenn er sie nicht gründlich beherrscht. / Wie kann ein sog. Kunstgelehrter die Malerei gründlich / beherrschen, wenn er nicht selbst malt, nicht einmal die / MIttel der Malerei kennt und alle ihre / (~)ombinationsmö~lichkeiten
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-2-V Und weil sie Worte besser bändigen, d.h. gut / schwätzen könn.en, darum dikti(e)ren sie. Kunst mu(l3) in / Worte über(-) setzt werden, wenn man über sie reden will(,) / also in etwas ganz anderes als sis ist. uber Kunst reden / hei(ß)t also ihren eigentlichen Zharme nehmen und ein / Surrogat dafür geben; d.h. einen gewi(ß) nicht vollwertigenn) / Ersatz, der mit ihr selbst nichts Eigentliches zu tun hat. Und / wird dieser Ersatz zur Hauptsache, durch / Uberhebung wichtigen gemacht(,) zu einem nun tatsäc!nlich / dann wird Kunst das Geringere. Künstler bilde(,) / rede nicht. Dasselbe gilt für alle Kunstschwätzer, / wenn sie Unrichtiges in die Welt setzen und durch / glänzende Rede und Schreibweise propagieren.
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