Es drängt mich

Es drängt mich Antrittsworte 17.10.16 Meine Herren Damit möchte ich beginnen, Ihnen aufrichtig meinen Dank auszusprechen für das Vertrauen, das Sie mir durch die Wahl zum Direktor entgegen brachten, umsomehr als Ihnen mein künstlerisches Glaubensbekenntniss nach wie vor bekannt sein dürfte. Pflichtgemäss trete ich die neue Stellung an, nicht mit lautem Jubel, da sich auch bei mir ernste Bedenken zeigen. Vor Allem ist meine Gesundheit geschwächt. Wir werden ja wohl Alle unter den vielfachen Eindrücken der schweren stellenweise so grossen Zeiten zu leiden haben. Aber die Nerven des Alternden mögen besonders angegriffen werden und so darf ich gestehen, dass ich derzeit unter einer ausgesprochenen Energielosigkeit zu leiden habe[.] Dazu kommt, dass ich in der letzten Zeit an einem grösseren Auftrag zu arbeiten habe, der mich sehr in Anspruch nimmt und mich gerade jetzt mehrfach nebst Anderem von Stuttgart abzieht. [verso:] Dann dürfte Ihnen bekannt sein, dass ich Statuten und Kunst nicht recht gut in Einigung bringen kann. Freilich werden in der letzten Zeit die Studenten wesentlich weicher gehandhabt als zu der Zeit, da mein Unterricht hier begann. Damals waren sie gegen mich stellenweise ganz wild geworden und daher mag es kommen dass ich manches Haar und manches Körnchen Salz darin gefunden habe. Aber ich weiss wohl, dass das stattliche Gebäude einer Akademie d.b.K. auch im geistigen Sinne eines starken Gerüstes von Statuten bedarf und hoffe dass ich mich in sie wie meine hochverehr-ten Herrn Vorgänger hineinleben werde, dass ich mich vielleicht in diesem Statutengarten noch wohlfühlen lerne und mich darin verlustire. Jedenfalls aber bitte ich Sie darin, wie in Allem was mit den Direktorialgeschäften zusammenhängt, mich gütigst collegial zu unterstützen. Und mit diesem eindringlichen ernstlich wiederholten Wunsche werde ich für meine Amtszeit hiemit den Sorgenstuhl des Direktors einnehmen.