Adolf Hölzel
Bild höchstes Ziel der Malerei


Bild höchstes Ziel der Malerei Das Bild ist gegenüber der Studie ein harmonisches Ganzes. So muss hier(in ihm) die Harmonie über die reine Richtigkeit gestellt werden. Will Jemand in seinem Berufe Selbständiges schaffen, so muss er sich über das Wesen dieses Berufes vollständig klar sein. Er muss aus ihm heraus fühlen und empfinden, denken und handeln können. Dieses meist sehr complicirte Wesen kann für die spätere Selbständigkeit nicht früh genug gekannt und erkannt werden; darum sollten seine Jünger sobald als möglich mit ihm bekannt gemacht werden. Das Ganze sollte immer bei und neben allen damit zusammenhängenden Studien getrieben und im Auge behalten werden. Nur von ihm ausgehend wird man seine Spezialstudien zum gründlichen Ende führen können [,] etwa Versäumtes zielbewusst nachholen können und müssen. Man muss also wissen, worauf es ankommt[,] um durch Selbstzucht und Energie die ganze Lebenskraft richtig und zeitsparend ausgeben zu können. In der Malerei, in der lange Zeit lediglich die Empirik[,] der Zufall vorherrschte, kommen wir erst nach und nach zur vollen Erkenntnis dieses wundervollen Berufs[,] und die Unkenntniss desselben herrscht noch sehr in sogenannten Künstlerkreisen vor. Vom Publikum deshalb gar nicht zu reden. Daher ist es begreiflich, dass die Bewegungen[,] die auf eine gründliche Erforschung hinzielen[,] so wenig gewürdigt, ja auf's Intensivste aus den verschiedensten Gründen bekämpft werden, und dass namentlich die leitenden Kreise im Banne der Majorität ihre eigentlichen Aufgaben so schlecht erfassen und erfüllen. Die Jugend aber im Sinne ihrer zukünftigen notwendigen Selbständigkeit, sollte gleich richtig erzogen und dieses als eine der wichtigsten Aufgaben[,] auch vom Ganzen ausgehend, in der Kunst betrachtet werden. 25.12.14. Für den Gegenstand und seine künstl. Wiedergabe haben wir[,] wie sie Hildebrandt [Hildebrand] benennt[,] die Daseinsform und die Wirkungsform zu unterscheiden. Die im Bild gegebene Wirkungsform repräsentiert dann gegenüber den abstrakten Formen[,] die die Grundlage für die Darstellung der Wirkungsform bilden, die Gegenstandsform. Da das Bild als Fläche Flächenformen gegenüber den plastischen natürlichen Gegenstandsformen verlangt, so werden die im Bild gegebenen gegenständlichen Wirkungsformen, Flächenformen sein müssen, und zwar den complizirteren Gegenstandsformen der Natur als Flächenformen entsprechend, complizirtere Flächenformen. Die einfachen elementaren Flächenformen haben zweifellos a priori die stärksten Wirkungen. Wir werden deshalb für gewisse Darstellungen und elementare Wirkung im Bilde die naturalistischen Gegenstandsformen nicht nur auf Flächenformen, sondern auf möglichst einfache Flächenformen reduciren müssen, die wieder im harmonischen Zusammenhang zur Bildfläche und ihrer Begrenzung stehen müssen. Durch die so gegebenen Gegenstandsformen, die immer noch auch durch die darin enthaltenen selbst einfachsten Details einen grösseren Reichtum erhalten; werden dann einfache abstrakte Flächenformen im Bilde[,] insbesondere im Hintergrunde[,] gute contrapunktistische Contraste abgeben. 26.12.14.
[Ende Seite 1]
Alle Rechte vorbehalten.
URL dieser Ressource: http://ask23.de/resource/ah_transkriptionen/hoelzel_07_NT_T132_25.12.14_Seite1_2