Adolf Hölzel
Wie der ausübende Musiker über der Technik


Wie der ausübende Musiker über der Technik stehen muss, das heisst sie nie versagend beherrschen sollte und der Componist[,] dessen Gedanken und Gefühle sich mit seinem Berufe[,] also mit dem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln so verknüpfen, diese sich untertan machen muss und zwar ebenfalls in nie versagender Weise also über ihnen steht, so auch der Maler im Verhältniss zu seinen Mitteln. Sie sind sein Ein und Alles[;] durch sie ist er Maler und Künstler und in ihrer gründlichen Beherrschung wird er eben erst Künstler, denn sonst ist er ständig gehemmt und damit die Freiheit des Ausdrucks, die zur Kunst gehört. - Um die Vielseitigkeit der Mittel durch die Anschauung kennen zu lernen[,] ist vielseitiges Studium nötig. Gründliches Studium von Kunstwerken und ebenso Natur. Beides können wir aber erst mit richtigem Verständniss und dem daraus entspringenden Nutzen tuen, wenn wir die Mittel selbst wie ihr Wesen und was damit für ein Kunstwerk zusammenhängt[,] recht gründlich in ihren Kräftewirkungen an sich kennen gelernt und erkannt haben. Denn alles was wir in bezug auf sie der Natur oder Kunstwerken entnehmen, sind deren Combinationen. Diese sind so vielseitig und unendlich, dass wir staunend immer wieder Neues entdecken werden. So verwirrend dies an sich sein kann, so wird es Einem doch wieder eine grosse Anzahl Abwechslungsmöglichkeiten für den Ausdruck geben[,] und stets kann dadurch volles Interesse an der eigenen Arbeit erregt sein. Ein nicht zu unterschätzender Vorteil zu Gunsten unserer Arbeit, wodurch unsere Kräfte immer neu angefacht, wir selbst frischerhalten werden können, bis in unser spätestes Alter. Es ist also zu allem Anderen ein "Jungbrunnen" ewiger Erneuerung. Mit Empfindung und Geschmack auszunützen.
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