Adolf Hölzel
Es muss, wenn sich das künstlerische Schaffen so


Es muss, wenn sich das künstlerische Schaffen so teilt, dass einerseits der Intellekt, andererseits reine Empfindung ihr Recht erhalten, auch Talent und Begabung des Schaffenden sich auf dies beides ausdehnen, oder im Unterricht oder in der Selbsterziehung der Entwicklung des Intellekts wie der künstlerischen Empfindung, beides im hochkünstlerischen Sinne gemeint, die grösste Aufmerksamkeit zugewendet werden. Nun ist die Darstellung im Sinne eines Kunstwerks, seine Entstehung und Entwicklung, eine heisse Schlacht[,] in der nicht so sehr das Denken als höchste Kraft und Gefühl schalten und verausgabt werden müssen. Das darauf bezügliche notwendige Intellektuale hat vorherzugehen und so ins Gefühl einzudringen, dass es im Kampf ohne weiteres Nachdenken mitfunktioniert. Es muss in Fleisch und Blut übergegangen sein; denn alles Nachschlagen, Nachdenken, Nachrechnen während des inbrünstigen Schaffens würde hemmen und kraftlähmend sein. Im Unterricht sind hierauf bezügliche Übungen vorzunehmen und damit der Weg für ähnliche persönliche Auseinandersetzungen als selbstverständliche Folge eines richtigen Unterrichts anzudeuten. Daraus ist zu schliessen, dass Talent und Genie als Folge eines rationellen Werdegangs hervorgehen, wobei allerdings auf Unzähliges[,] für ein Kunstwerk Notwendiges[,] Rücksicht zu nehmen ist, und dieses wieder nur entstehen kann, wenn alle Glieder der notwendigen Kette richtig funktionieren. Damit erklärt sich auch Nietzsche's Definition von Genie: G. ist Fleiss [-] man müsste hinzusetzen: unendlicher, rationeller Fleiss, wäre nicht die hierauf bezügliche Definition von unendlich und rationell eine langatmige Sache.
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