Adolf Hölzel
Die Sprache ist ein sehr gefährliches


Die Sprache ist ein sehr gefährliches Ding, man sollte sie recht üben, aber möglichst wenig Gebrauch davon machen. Je mehr man spricht, desto mehr Angriffspunkte. Und was macht im Weitererzählen eine falsche Betonung, ein Weglassen eines Wortes, das Herausreissen aus dem Zusammenhang u.m.A. aus. Die Verdrehung, als Folge die Lüge! Wie erstaunt ist man seine stenografisch niedergeschriebenen Worte, Reden aus dem Stegreif, zu lesen. Was da oft ganz falsch schon durch das Niederschreiben des gesprochenen[,] mit Blicken[,] auch mit Gesten begleiteten Wortes entsteht. Wie anders würde man daran feilen müssen, um etwas schriftlich klar zum Ausdruck zu bringen. Daher das Lamento bei allen Interviews, die meistens etwas ganz anderes als das Gewollte zum Ausdruck bringen. Auch Goethe soll mit den Eckermann'schen Auseinandersetzungen und Wiedergaben nicht ganz einverstanden gewesen sein; obzwar unzweifelhaft, bei dem Usus Eckermann's, sofort alles zu notiren, Vieles wortwörtlich wiedergegeben ist. Freilich[,] Goethe würde woh1 Manches da[s] von ihm ausgesprochene für die Oeffentlichkeit anders gegeben und durchgefeilt haben[,] auch Manches nicht so gesprochen haben, als es dasteht. Und doch, wie dankbar müssen wir für das was Eckermann uns giebt sein! Da lesen wir ja auch von einem Gedicht, das Goethe 20 Jahre in sich herumtrug, bis er die richtige Fassung fand. Denkt man nun daran, wie kritisch Jeder, auch der dümmste Ignorant, den Worten Anderer gegenüber ist, sie lächerlich macht wo er kann; nichts lernen, aber spotten und angreifen möchte, und dass in jedem Menschen die gleich kritische Natur steckt: lieber etwas vernichten als gelten zu lassen und wie sehr, die Menge[,] die nicht nachdenkt, diesem zustimmt u. zujubelt, dann wird man sich immer wieder sagen: "Sei vorsichtig mit Worten. Sprich und schreibe nur über Sachen die Du genau kennst und vollkommen beherrschst. Gehe so viel als möglich, Allem aus dem Wege, das Dich daran hindert. Immer bedenken, was man mit falschen unverstandenen Sätzen für [am linken Rand, quer] entsetzliches[,] oft unausrottbares Unheil anrichten oder unterstützen kann. Es ist so schon so viel Falsches in der Welt.
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