Adolf Hölzel
25.9.14. Am schlechtesten geht es wohl Jenen, die sich in


25.9.14. Am schlechtesten geht es wohl Jenen, die sich in ihrem Berufe nicht zu Hause fühlen. Wie Viele nennen sich Künstler und haben doch von Kunst keine Ahnung. Diese werden es sein, die nun unterstützt werden müssen. Eigentlich werden sie es ja überhaupt immer. Und dieses ständig notwendige Almosen absorbirt[sic] nicht nur die grösste Menge der deutschen Staatsmittel, sondern bringt sowohl die Staatsgalerien wie überhaupt die deutsche Kunst sehr herunter. Diese mittelmässigen sind die Kerntruppen der Majoritäten des niederen Künstlertums der Genossenschaften. Diese Majoritäten wieder, von einigen Energischen ausgenützt und geführt[,] üben ihre Herrschaftsrechte aus, überall. Die Ministerien sind ihnen unterjocht; die Ausstellungen[,] die über grössere Mittel verfügen[,] werden von ihnen geleitet und diese drücken ihnen den Stempel auf. Naturgemäss hängen auch die Besetzungen der Akademieprofessuren von Majoritäten ab, wie die Ankäufe von Bildern und deren Juryrung in den Ausstellungen. In den wichtigst[en] Commißionen für Kunst müssen die verschiedenen Vereine vertreten sein und ihre Vertreter sind von Majoritäten gewählt. So zieht sich dieser Rattenkönig durch Alles[,] was mit Kunst zusammenhängt und verpestet seine Umgebung. Und die Vorstände herrschen wie die Könige und verteilen Ankäufe, Medaillen, Stellen und Unterstützungen. Dass hie und da auch ein anderer hineinkommt ist wahr[,] aber in der Minorität kann Nichts ausgerichtet werden; also sind sie an und für sich überflüssig. 26.9.14. Es wird der Kampf gegen die moderne Kunst, die ja in Deutschland zur Hebung deutscher Kunst dient, ein umso heisser werden, als naturgemäss, ebenso wie Partikularismus mit Patriotismus verwechselt wird, modern mit Franzosentum[,] deutsche Kunst mit dem Althergebrachten, sagen wir Verknöcherten, das mit Kunst meistens nichts zu thuen hat[,] bezeichnet erscheint. Jedenfalls sollte sich Jeder vorhalten, dass sich die Extreme berühren. Ein Übertreiben und Überheben[,] ein Weitausbessermachen dessen[,] was deutsch sein soll[,] ist ebenso schlimm als das inbrünstige Anbeten alles Ausländischen. Gebet des Kaisers etc. Aber alles Ausländische schlecht machen, weil es aus dem Auslande kommt, Alles himmelhoch heben was ein Deutscher macht, jeden Dreck dieser Art als das Beste und Edelste hinstellen, weil es einer der in Deutschland geboren ist gemacht hat[,] und das dann auch glauben, wäre der Ruin des Vaterlandes. 27.9.14. Solange die Akademien und Kunstschulen ihre Schüler auf ein fertiges Endresultat hin unterrichten, das diese dann ihr ganzes Leben lang auszunützen trachten; solange wird man den Unterricht nicht als einen reinen idealen bezeichnen. Und doch sollte der Unterricht der Hauptsache nach ein idealer sein und das andere erst eine Folge eines guten künstlerischen Unterrichts; etwas[,] das der von der Schule Entlassene sich selbst sucht.
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