Adolf Hölzel
Leider ist es mir noch nicht gelungen


Leider ist es mir noch nicht gelungen[,] die massgebenden Kreise für Entwicklungsgalerien zu interessiren, oder wie wir sie nennen wollen[.] D.h. grössere Räume[,] [Einschub oben links:] ähnlich den Ausstellungs- oder sonstigen Räumen[,] in denen Bilder gesehen werden[,][Ende Einschub] die für uns alles Gute u[.] auch Neue zu ständigem Vergleiche enthalten und in denen es uns gleichzeitig ermöglicht ist[,] unsere Arbeiten[,] bevor wir sie in die Ausstellung geben[,] neben anderen controlliren zu können. Dass sich dabei manches in diesen Galerien nachher überlebt[,] hat ja weniger zu sagen, da ja die Zeit immer fortschreitet. [Einschub von oben rechts:] Dafür aber würde wieder Manches später unverblümt den eigentlichen Galerien einverleibt werden können, das billig erworben später bedeutende Werthe repräsentiren würde. [Ende Einschub] Auch hier gibt uns der Krieg die überraschendsten Beispiele; wie wichtig es ist[,] der Zeit entsprechend alles Beste der Welt gekannt und in Vergleich gezogen u[.] womöglich verbessert zu haben. Und wir können sicher sein, dass in nicht zu langer Zeit unsere 42 cm Mörser, die Motorbatterien, die Zeppeline und Unterseeboote[,] kurz Alles an derzeitigen Waffen wird wieder verbessert, das Angeführte veraltet sein. Und doch[,] wie wichtig war es für uns[,] dieses beherrschend, rechtzeitig zu besitzen. Durch diesen wichtigen Vergleich sind aber auch alle raschen und überlegten Rufe ad absurdum geführt, wie etwa: diese neue Richtung hat sich schon überlebt, diese wird es auch. Was macht es denn[,] wenn sie ihrer Zeit genützt hat und Neues förderte und wenn es nur Theilfragen sind, die dadurch zu einem notwendigen Absch1uss gebracht werden. Da das Bild ein Allumfassendes ist und auch wieder den verschiedensten Zwecken Rechnung tragen soll, so sollen u. müssen viele Fragen von allen Seiten erforscht und das Werthvollste ausgenützt werden. Je mehr und je eingehender alle Fragen erforscht und zur Lösung gebracht werden, je mehr Menschen sich also damit beschäftigen, desto besser. Freilich wird auch dieses bei den neueren Richtungen und den damit zusammenhängenden Fragen belacht, während das Gleiche mit Anerkennung behandelt wird, wenn ein Jüngerer statt den neueren Meistern etwa Lenbach, Zügel, Thoma nachmacht[.] Auch dagegen soll Nichts gesagt sein; denn Alles Meisterhafte wird nur lehrsam sein. [J]ede Zeit stellt aber wieder besondere Forderungen; die dann eben den neueren Forschungen zugrunde gelegt und zu einem entsprechenden Abschluss gebracht werden müssen. Dieses hätte den mehrfachen Nutzen, dass einerseits den Schaffenden Zeit und manche üble Erfahrung erspart und die Arbeiten in reiferem Zustande der Oeffentlichkeit vorgeführt würden und auch dem nicht interessirten Publikum das begreiflicherweise den notwendigen Entwicklungsphasen kein Verständnis entgegenbringen will[,] Manches erspart wäre. Andererseits könnte diesem künstlerisch bildungsbedürftigen Theil der Nichtschaffenden hier zeitweise eine gute Gelegenheit gegeben werden in künstlerisches Schaffen und Streben Einblick zu gewinnen. Dass solange wir solche Möglichkeiten nicht haben[,] in den Ausstellungen für den künstlerischen Vergleich auch den Problemfragen Räumen ist ja nur selbstverständlich; da ja die Ausstellungen zunächst die Stellen sind[,] in denen wir um bekannt zu werden, unsere Arbeiten, damit sie allgemein gesehen werden können, vorführen müssen. Daher müssen Arbeiten dort und nicht in den Ateliers
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