Adolf Hölzel
Es scheint sicher zu sein, dass Museums-Direktoren


Es scheint sicher zu sein, dass Museums-Direktoren ein eigentliches Kunstverständnis nicht zu besitzen brauchen. Dieses ergibt sich aus Aussprüchen von jüngeren Kunstgelehrten in ihren Urteilen übereinander; übrigens auch aus persönlichen Erfahrungen. Aber der Leiter eines solchen Instituts muss doch natürlich mit der Kunst irgendwie verwachsene, ein künstlerisch wie überhaupt fein gebildeter Mensch sein, jedenfalls sehr versiert in der Kunst. Er muss alle wichtigen Kunsterscheinungen kennen, ihre besten Vertreter und wieder deren beste Leistungen. Er muss konziliant sein um mit allen Parteien in geeigneter Weise verkehren zu können. Muss auch auf das Eingehendste jenen Verkehr mit Künstlern und Kunstverständigen pflegen und dazu im Stande sein, um dadurch den eigenen Gesichtskreis zu erweitern und gleichtzeitig den nötigen Halt zu haben. Er muss die Stifter und die Spender in richtiger Weise zu behandeln verstehen, muss daher gleichzeitig durchaus Gesellschaftsmensch bei aller nötigen Gelehrsamkeit, dabei auch ein pflichtgetreuer Verwaltungsbeamte sein, der sich überall in autoritativer Weise die nötige Geltung zu verschaffen imstande ist. Da durch die nicht immer kulanten, häufig von persönlichen oder Parteistandpunkten ausgehenden Mitglieder der Kunstkommissionen Ankäufe, insbesondere jene irgendwelcher angefochtener Eigenart, sehr erschwert sind, wird es nötig sein, dass der Museumsleiter vermögend ist, damit er, wenn gerade kein geeigneter Spender aufzutreiben ist, wichtige Kunstwerke selbst ankaufen kann, um sie zu geeigneter Zeit einer geeigneteren Kommission für den gewünschten Staats- Ankauf vorschlagen zu können. Bei der Wichtigkeit und gleichzeitigen Macht seiner Stellung, muss er eine höchstes Vertrauenerweckende Persönlichkeit und darum in seinem Fach, wenn möglich allerersten Ranges sein.
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