Adolf Hölzel
Je tiefer Du eindringst, je höher


Je tiefer Du eindringst, je höher Du strebst und kommst, desto mehr weitet sich der Kreis, das Feld Deiner Erkenntniss. Einen anderen Standpunkt nimmst ein Du als früher. Es ist das verknüpft mit Mühen[,] Arbeit und Glück. Doch entfernt und entfremdet der höhere Standpunkt Dich mehr und mehr von Jenen[,] die Dir nicht folgen konnten und wollten aus vielen verschiedenen Gründen. Auch Faulheit und Eigendünkel, Überhebung und Selbstsucht[,] sie spielen hier ihre eigene Rolle und schaffen Dir ernsteste Gegner, Dir und Deinem Bestreben. So kommt es, dass je höher Du stehst, desto weniger und nur von wenigen Du begriffen wirst und verstanden, und Feinde und Neider sich mehren. Da ist es kaum möglich, dass Dein neues Glück gleich der Allgemeinheit kann zu teil werden[,] auch wenn man weiss, dass sich Erreichtes rascher lässt übermitteln und sagen als erreichen. Denn alle die üblen Wolken von Neid und Missgunst und ihrem widerwärtig aufgewirbelten Staub und Geschwätz zu durchdringen, ist ja erst möglich, wenn die Menge der Widersacher nicht mehr ist. Vielleicht muss deshalb der Tod auf der Welt sein, damit in einzelnen Fällen auch ein oder das andere Höchste kann durchdringen; freilich um sehr bald wieder[,} von Rost u. Staub zerfressen oder von gewinnsüchtigen Menschen ausgebeutet[,] ein ganz anderes Gesicht zu bekommen, das nur mehr als Fratze kann gelten. Ist es so schwer, dass Gutes kann durchdringen[,] so ist es der richtige Schluss, wie wenigen nur es gegönnt ist[,] Weisheit und Schönheit im edelsten Sinn wie auch das Gute zu verstehen und zu begreifen. Und dass niemand in Trauer und Ärger zergehen soll, wenn er für einiges Gute[,] das er erstrebt u. geschaffen[,] nicht gleich wird verstanden von der oberflächlichen Menge[,] zu der ein Haufen der sog. Gebildeten auch mitzählt.
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