Adolf Hölzel
Wie alle Menschen im Äusseren verschieden sind


Wie alle Menschen im Äusseren verschieden sind höchstens im Sinne eines allgemeinen Typus einander ähneln, so müssen sie ja wohl auch im Inneren verschieden sein, denn eine kleine Änderung in einem künstlerischen Werke, wenn sie sichtbar sein wird, bedingt ja schon eine Gesamtumstellung des Ganzen. Damit aber giebt es keine absolut gleiche Gedanken, Gefühle oder Empfindungen bei den verschiedenen Menschen. Nun wechseln aber beim einzelnen Menschen die Stimmungen und Empfindungen so, dass er täglich ein anderer ist und mit den zunehmenden Jahren dies auch in vielfacher Form deutlich zum Ausdruck kommt. Ja er kann vormittag oder zu gewissen Stunden trübe und traurig, kurze Zeit danach aber durch eine günstige Nachricht wieder fröhlich sein. Magen, Verdauung, Sinnlichkeit, Wetter und Barometerstand, was Alles noch mehr, üben da bei Jedem einen ausserordentlichen Einfluss aus. Damit ist aber ausgedrückt, dass jede Arbeit eines gewissen Zeitabschnittes, wenn sie aus seinem eigenen Inneren kommt, nur von ihm und ganz wenigen Anderen begriffen werden kann, und dass bei der selbstverständlichen Verschiedenart seiner Stimmungen die Freude an dieser Arbeit wieder wechseln muss, stellenweise sich in Widerwillen verwandeln wird. Man versteht hier den grossen Gelehrten der sagte: Es giebt nur einen Menschen, der mich versteht und begreift und das bin ich. Aber auch der versteht mich nicht immer. Aber man wird auch im Verwerfen seiner früheren Arbeiten vorsichtig sein müssen; denn bei ehrlich Strebenden ist ja künstlerisch jede Arbeit seines momentanen künstlerisch religiösen Gefühls.
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