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Conrad Christian August Böhndel

An Johann Daniel Runge


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An Johann Daniel Runge


So lange zwischen Furcht und Hoffnung, glaubte ich mich auch auf die traurigste Nachricht vorbereitet; allein die Ankündigung in den öffentlichen Blättern, welche ich so plötzlich erblickte, erschütterte mich auf eine Weise, die ick noch nie empfunden hatte. Nehmen Sie nun aber meinen aufrichtigsten innigen Dank für das große Vertrauen, womit Sie sich meiner in Ihrem tiefsten Schmerz noch erinnern; ja glauben Sie es mir, bester R., Zuversicht und Trost haben Ihre wenigen so herzlichen Zeilen, worauf ich mir keine Hoffnung machen konnte, mir gewährt, und nun kann und muß ich es bey Gott betheuern. Sie haben sich nicht in mir geirrt, wenn Sie glauben, daß mir das Andenken meines besten theuersten Freundes ewig heilig seyn wird. Die innige Trauer und Liebe zu ihm macht denn auch uns wohl so sehr verwandt, daß ick Sie mit Zuversicht Freund nennen darf und als den ansehen, der allein meinen Verlust mit wahrer Theilnahme würdigen würde, wenn ich es mit Worten beschreiben könnte/ wie sehr ich Ihn liebte, was ich Ihm alles verdanke.'
Mit seiner Freundschaft begann für mich ein neues besseres Leben.
Er wurde mein Vorbild, dem ich in allen Dingen nachstrebte, es aber so wenig erreichte, daß ich oft allen Muth, alles Zutrauen zu mir selbst verlor. Wie glücklich und unglücklich zugleich machte mich der Gedanke, daß er mir alles war, und daß ick ihm dagegen so gar nichts seyn konnte! Er war kein gewöhnlicher Mensch; ohne Neid und Mißgunst liebte und bewunderte ich seine Vortrefflichkeiten, aber mit Eifersucht beobachtete ich seine Freundschaft zu mir, und quälte mich selbst immer mehr. So trennten wir uns in Dresden, aber sein An denken blieb mir überall gegenwärtig; keine neuere Bekanntschaft verdrängte diese in mir, und bey so manchen Veranlassungen im Leben dachte ich: Wie würde er wohl die Sache ansehen? Wie würde er in diesem Falle handeln? So waren wir uns denn nach langer Zeit auch ohne Briefwechsel doch nicht fremd geworden, und ein erwachtes Zutrauen zu mir selbst gab mir nur die Hoffnung, seine Freundschaft besser als vormals zu erwiedern. Alle meine Freuden/ schöne Hoffnungen und Wünsche für die Zukunft waren auf seine Theilnahme und seinen Beyfall berechnet, und nun bin ick sehr allein! Nur sein Andenken wird mich immer wie mein guter Schutzgeist begleiten und zu allem Guten aufmuntern, um so mehr, da ich noch seinen geliebten Bruder meinen Freund nennen darf .


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