Daniel Runge et al.
Familienbilder
Familienbilder
1. Zuausekunft der Söhne. Getuschte Skizze. 1800 in Kopenhagen
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Unser Runge war 1789 noch nicht zwey Monate als Kunstjünger in Kopenhagen, als er den kühnen Vorsatz einer componirten Darstellung seiner Eltern, Geschwister u. s. w. faßte, um solche in nicht ferner Zeit - freylich seinen damaligen Kräften, zumal in der Ausführung, ganz unangemessen - auf die große Wand des Saals in dem neuen Hause seines Bruders Jacob in Wolgast zu mahlen. Er schrieb darüber am 10. Dec. jenes Jahres an den Vater :
"Mit der Akademie weide ich taglich mehr zufrieden. Wenn die Tage länger werden, hat man mir versprochen, ich soll anfangen, in Oel zu mahlen. Ich werde gegen Frühjahr wohl schwerlich so weit kommen, daß ich mein Versprechen halten könnte, Jacob's Saal auszumahlen, auch wird der Saal gegen die Zeit wohl nicht so weit fertig ; ich habe aber recht viele Gedanken darüber. Es wird keinem so leicht eine solche Arbeit angeboten, worin er einen so freyen Willen, und eine so schöne Gelegenheit, ihn auszuführen, hätte, darum möchte ich das so ungerne fahren lassen."
Und am 14. May 1800 an Vater : "Auf die große leere Wand unsre Familie zu mahlen, ist freylich ein Unternehmen, größer vielleicht, als ich es mir vorstelle, indeß mit der Composition bin ich bald zu Ende, werde dann der Professoren Urtheil hören u. s. w."
Ferner denselben Tag 14. Mai 1800 an Daniel : "Wegen des Familienstücks ist's recht mein Ernst, nur sehe ich die Ausführung noch nicht recht ein, aber mein Freund Böhndel, der bey Juel mahlt und ein Schüler von dem alten Wiedewelt ist, wird mich mit lezterem bekannt machen und ich habe doch die Hoffnung, damit zu Stande zu kommen. Es wird 12 Fuß lang und 7 hoch, dann behalte ich noch 3 Fuß auf jeder Seite Platz; wie der und die übrigen Wände verziert werden sollen, darüber will ich jetzt noch nichts laut werden lassen." Er versprach sich über die Composition schon im Iuny ein gutes Urtheil von I. und W. ("aber die Ausführung - o jemine!") und so erfolgte es auch, wenigstens von dem ersteren, nur müsse er sehen, das Licht gut zu vertheilen; und im Januar 1801 riet!) er ihm, es lieber als Skizze in Vel zu mahlen; dies ist jedoch unterblieben. - Die Zeichnung stellt den Eintritt des ältesten Sohnes, und des Künstlers, aus der Fremde zu einem Besuch bar. Die Scene ist in dem Garten des Vaters vor dem niedrigen, mit Brettern gedeckten Gartenhause, in welchem die Thür und ein Fenster offen stehen. Rechts und links steht ein Baum; rechts meist nach der Mitte hin ein Theetisch. Links hievon der älteste Sohn in den Umarmungen des Vaters und der Mutter; weiter links davon legt die älteste Schwester die eine Hand auf des Vaters Schulter und streckt die andre nach dem Bruder Karl aus, welcher dort unter dem Baum stehend den ankommenden Bruder Otto, dem der Reisemantel vom Rücken sinkt, auf das innigste umfaßt. Rechts im Bilde hebt sich der Bruder David in die Höhe hinter einer sitzenden, auf der Guitarre spielenden Frau; von da an weit" links hin sind mehrere ältere und jüngere weibliche Familienglie" der (es war außer der zweyten Schwester in Mecklenburg noch keines der Geschwister verheirathet oder mit Kindern gesegnet, daher hier Fictionen unterlaufen) und der Bruder Jacob theils an der Erde im Blumenkramen und mit Schattenrissen, die an die Wand gehängt werden sollen, beschäftigt, jedoch alle zu dem von den Eltern umarmten Bruder freudig aufblickend, dem auch der Bruder Gustaf zueilt.
Die ungebührliche Größe, auf welche es bey diesem Bilde abgesehen war, dürfte unter andern Schwierigkeiten die, die Licht-und Lufteffecte gehörig zu geben, unüberwindlich gemacht haben. Bey bürgerlichen und prosaischen Gegenständen, und je mehr die einzelnen Köpfe und Figuren eine recht individuell charakte-ristische Ausführung fordern" möchte aus natürlichen Ucsachen jene Schwierigkeit überhaupt größer, und die Lange der Arbeit, welche sie erheischt, einigermaaßen abspannend seyn. Und so scheint es uns im Ganzen bey den von R. in spätern Iahrm zu Stande gebrachten Oelbildern dieser Art darin gefehlt zu seyn, daß der Maasstab zu groß angenommen worden, wohingegen sie als kleinere Cabinetstücke ohne Zweifel von ihm ausgeführt eine angenehmere Würkung gemacht hätten.
2. Ölbild. 1805 in Hamburg für die Eltern in Wolgast
gemahlt, und lange Zeit dort im Besitz der Familie.
Die drey Figuren in diesem Gemählde gehen bis etwa auf die Mitte der Schenkel hinunter. R. steht auf der rechten Seit" (sein Gesicht nicht gar ähnlich) mit über einander geschlagnen Armen; seine Frau in der Mitte lehnt den Kopf gegen den seinen auf seine Schulter, sie giebt die andre Hand dem ältesten Bruder des Künstlers, der links unter einem Baum sitzt. - Den Künstler freute es bey dieser Arbeit, daß sie in ihm, der sich um die Zeit tief in theoretischen Forschungen verloren, doch mehr Lust und practische Fertigkeit erweckte; am Ende schien sie ihm indeß doch weniger gelungen zu seyn, "weil er dabey zu sehr auf den bestimmten Charakter gesehen habe," in welcher Beziehung ihn denn das nun folgende Bild weit mehr zufrieden stellte.
3. Ölbild. 1805 in Hamburg für Friedrich Perthes ge"
mahlt, und jetzt in dessen Besitz zu Gotha.
Ein kleines Mädchen (Perthes zweyte Tochter, jetzt verheirathete Agricola in Gotha) steht vor einem offnen Fenster (von welchem ein dunkler Vorhang zurückgeschlagen) auf einem Stuhl, die eine Hand auf dessen Lehne gelegt, die andre unter ihrem Köpfchen, sie sieht nach dem Zimmer hinein. Hinten ist Hausrath. Vorne die Aussicht über den Jungfernstieg in Hamburg und die Alster weg nach der Windmühle bey der Lombardsbrücke und dem Wall. Unten fällt ein Sonnenstrahl schräg' in's Zimmer herein, der durch angenehme Würkung jeden Beschauer überrascht.
4. Oelbild.
1805-6 in Hamburg
Im Besitz der Familie Hülsenbeck daselbst. (Auch eine Zeichnung in Federumrissen mit einiger Abweichung.)
Man sieht auf diesem sehr großen Gemählde drey der Kinder seines Freundes Hülsenbeck. Vor dessen Garten in Eimsbüttel ziehen zwey derselben, die älteste Tochter und ein Knabe, den noch ganz unmündigen jüngsten im Kinderwagen, über welchen hin sich links eine Sonnenblumenpfianze hoch erhebt. Hinter den Kindern über das Gartenstakett weg geht die Aussicht auf die Stadt Hamburg hinaus. -
Runge schrieb am 17. Dec. 1805 an seinen Vater :
"Ich habe mir mit diesem Bilde die Sache würklich etwas zu schwer gemacht, mit der in den Hintergrund kommenden Landschaft; und wenn so etwas wohl gut ist, um sich zu üben, so wird man doch auch dabey nur mit Schaden klug, da gegenseitig entweder die Landschaft oder die Portraite als untergeordnet erscheinen müssen."
5. Oelbild. [Eltern]
1806 in Wolgast gemahlt; jetzt bey dem Bruder David in Mecklenburg.
Die Eltern des Künstlers spatzierend. Der Vater hält Stock und Hut (grüßend) in der linken Hand; die Mutter hält seinen rechten Arm umfaßt, eine Rose in derselben Hand, sie ist mit einem weiten schwarzen Atlasmantel bekleidet. Vor den Füßen der Gehenden sind Gewächse und Blumen gesprossen. Rechts im Bilde stehen höhere Blumengewächse; des Künstlers ältester Sohn, noch im Kinderröckchen, scheint eine Lilie pflücken zu wollen; hinter ihm ein etwas älterer Knabe, Neffe des Künstlers, sieht, gleichsam fragend: ob das auch geschehen dürfe? zu den Großeltern hinauf. Rechts geht die Aussicht über den Peene-Fluß (auf welchem einige Schiffe und ein Prahm liegen) nach dem Holzhofe (und Werft) des Vaters hin, wo Bäume stehen, und ein Schiff, flaggend, auf dem Stapel. Noch weiter hinten die Schneidemühle u. s. w. - Es ist von diesem Bilde eine kleine Oelskizze, auch eine in Tusch auf braun Papier, so wie eine andre von der Aussicht vorhanden.
Runge schrieb an Daniel, den 17. May 1805 (Briefdatum:1806) : "Es ist mir sehr beruhigend, in der Skizze das Ganze zusammenzuhaben, und ich werde mir inskünftige bey bedeutenden Sachen immer eine in Oel machen."
In mehreren Briefen drückte er seine Freude aus, bey diesem Bilde in jenem (vielbewegten) Sommer doch viel gelernt zu haben, und setzte am 23. Sept.1805 an Daniel (Briefdatum 1806) hinzu: "Ich habe es nun fertig und sehe jetzt wohl, worin ich mich geirrt habe und wie ich es künftig anfangen soll; mir geht auch eine Freude auf, wenn ich mir vorstelle, daß ich nun auf einige Zeit vom Portrait erlöset bin. Ich will mich nicht wieder damit abgeben, so Bildnisse in ganzer Figur zu mahlen, es ist doch unzweckmäßig, wenigstens für meine Würksamkeit. Bloße Köpfe oder Brustbilder zu mahlen würde gewiß oft sehr zur Sache gehören."
Zu den componirten Bildnissen oder Familienbildem wollen wir noch die beiden folgenden rechnen:
6. Die Frau des Künstlers, den ältesten Sohn, als zweyjähriges Kind auf dem Arm tragend. 1807 in Wolgast. Leider nur Untermahlung. Jetzt in Hamburg; so wie auch
7. Der gedachte Sohn und sein damals höchstens zweyjähriges Schwesterchen, sich um- und anfassend. 1809 oder 1808 in Hamburg. Ein liebliches Bildchen.
- Es finden sich mehrere Feder- und Tusch- u. s.w. Zeichnungen von Familienbildern vor, vielleicht weiter ausgeführt in Kopenhagen, Pommern u. s. w. noch vorhanden.
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Von Bildnissen in Oel, welche Runge geliefert hat, erwähnen wir zuerst der Abbildungen, die er von sich selbst gemacht, unter welchen wir den Vorzug unbedingt geben dem kleinen Bilde von 1805, in Hamburg gemahlt und welches er damals an seine Schwiegereltern (eigentlich an Klinkowström, welcher es aber in der Folge an jene, weil er sein dagegen versprochnes nicht geliefert hatte, abtrat) nach Dresden gesandt, (es ist jetzt in Hamburg) wo der Künstler, im blauen Alltagsrock, die Aermel ein wenig aufgeschlagen, sinnend auf einem Stuhl sitzt, das Kinn mit einer Hand (den Ellenbogen auf das Knie) stützt und die andre Hand auf den Schoos legt; die Figur geht bis unter das Knie hinab.
Es ist in dem Gesicht eine merkwürdige Frische und Klarheit, die Augen sind nach außen gerichtet, ohne, wie es scheint, auf irgend einen bestimmten Punct hin; Ausdruck eines lebendig wachen und doch innerlich poetischen Gefühls. Es ist dieses Bildchen bald nach seinem Tode von seinem Freunde Gottfried Eiffe wohl zehnmal recht glücklich für verschiedene Freunde copirt worden, und gab dieser Künstler der Copie, welche die Familie Liborius bekam, und auf welche er seinen Namen setzte, den Vorzug. - Ein andres Brustbild von ihm (so er 1802-3 ^/ in Dresden gemahlt) kam an Hrn. C. F. E. Richter in Leipzig;" ein drittes Bildm'ß (1806-? in Wolgast) ist bey seinem Bruder ^ Gustqf daselbst; ein viertes (M)7 in Wolgast) bey Hrn. Prof. ^Schilden" in Greifswald; fö^wie^in Hamburg sein daselbst 1809-10 (alla prima, wie das eben genannte auch) höchst kraft tig auf Holz gemahlter Kopf. - Seine Gattin hat er in Hamburg M4^M^rüncnKlel'de), 1805, und 1810 gemahlt. Ferner daselbst 1805 die Frau'Mettterkamp, geb. Curw; sein in demselben Jahr erst geoolnes"Söhnlein; 1806 in Wolgast: den Archidiakonus Droysen; seinen Vater, und, als Skizze, seine Mutter (beide Bildnisse sind jetzt in Hamburg); 1806-7 seine Nichte Wilhelmine Helwig, nachmals verheirathete v. Langer" mann; seinen Bruder Jacob (Skizze, nun in Hamburg); 1807 die Frau Barteis, geb. Nillroth (jetzt im Besitz des Hrn. Bürgermeisters Billroth in Greifswald); 1808 in Hamburg (wo es geblieben) feinen Freund v. Klinkowström; 1808 seine Schwester Maria; 1809 seine Schwiegermutter Frau M. F. Bassenge aus Dresden; 1809-10 seinen Bruder Daniel (als Skizze); Hrn. Friedrich Perthes (desgleichen; die vier lezteren Bilder sind gleichfalls noch in Hamburg); 1809 seinen Freund Ioh. Philipp Petersen (es ist jetzt zu Herrestad in Schweden und vielleicht das vollkommenste von allen Bildnissen unseres Künstlers); 1809 ein Söhnchen von Perthes, Johannes; einen Kaufmann Haß; 1810 den Landbaumeister Deuth aus Aurich, und dessen Frau (beide Bilder dürften jetzt in Pommern seyn). Von andern mehr gedenken wir nur des Bildnisses von Sophia Sieveking (1810 im Frühjahr; dasselbe Jahr, welches im December des Künstlers eignes Todesjahr wurde) im kranken Zustande, kurz vorher, ehe sie an einer zehrenden Krankheit verschied; es ist von ergreifender Wahrheit und die Beschäftigung
ll. D.
damit griff R. selbst auf's tiefste an. - Er hatte im Februar eben dieses Jahres noch die Absicht, mehrere Bildnisse zu fer" tigen.
Es wird leicht begreiflich seyn, daß seine Freundlichkeit ihn bewogen haben muß, besonders im Anfange seiner Künstler" laufbahn eine Unzahl von Bildnissen in den Kreisen von Ver" wandten und Freunden, in welchen er sich an mehreren Orten nach einander befunden, in Kreide zu zeichnen, von welchen auch viele sich erhalten haben werden. So schon von 1787 an und in den beiden folgenden Jahren in Hamburg (worunter eines von>3>"ft2_M^d^u^wai); ^799^und 1801 in Wolgast, vornämlich Bildnisse, die er für das, damals noch in Gedanken habende große Familiengemählde zu benutzen meynte; 1800 in Kopen-Hagen; 1801 und 1802 in Dresden. Sein eignes Gesicht mußte ihm dabey auch oft zur Uebung dienen; es befindet sich ein sol< ches Bild, wo er sehr phantastisch eine Leyer hält, in Pleetz; auch bey Goethe in Weimar muß sich seit 1806 eine Zeichnung in schwarzer Kreide von ihm selbst befunden haben.
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Darstellungen aus dem gemeinen Leben, die man unter dem Namen von Genrebildern zusammenzufassen pflegt, hat R. nicht in Del oder nur überhaupt in größerem Maasstabe gegeben; es findet bloß manches dieser Art in kleinen Zeichnungen und flüchtigen Skizzen sich vor. Schon von 1792 ist eine Ab bildung der Straße in Wolgast vor des Vaters Hause, worauf einige kleine Figuren, vorhanden. Von 1798-99 aus Hamburg unter anderm zur Erinnerung einer Lustreise mit den nächsten Freunden nach Mecklenburg manche sehr launige Auftritte, wie ein Blatt mit Traumgesichtern, ein andres, worauf die Reisegesellschaft im Stuhlwagen, den ein munterer Schwager mit vier Pferden fahrt, dargestellt ist u. s. w.; wie ein Arbeitsmann in Wolgast seine Kinder am Sonntage zum Vergnügen auf einem Schiebkarren in's Feld fährt. Von 1800 aus Kopenhagen- ein Amacker Mann und Frau, beide sitzend und Taback rauchend; Erinnerungen von einer Fußreise durch Seeland; kleine Knaben und Mädchen, die einen Hund Künste machen lassen; eine liebliche, auf der Gasse gesehene Gruppe, wie eine Mutter ihr Kind säugt, ein größeres kleines Mädchen hinter ihr steht; eine lustige Scene Abends beym Schein einer Straßenleuchte, wo ein junger Mann elnen andern, der aus einem Wohnkeller hervorsteckt, für einen Hund halt und so anlockt. Wir nehmen hiezu die folgenden kleinen akademischen Concursstücke: Hüon und Sche" rasmin in der Höhle zusammentreffend; Hüon den Löwen er" schlagend; Hüon die Amanda entführend; Hermann und Dorothea auf der Treppe im Garten; St. Georg den Lindwurm tödtend, nach Schiller; u. s. w. Von 1801 aus Dresden: ein Jüngling, der einen Knaben auf dem Arm tragt; aus dem Plauen-schen Grunde eine arme Frau, die einen Säugling auf dem Rücken im Korbe trägt, ein kleines Mädchen geht voran. - Nach seinem Tode fand sich auf einem Reisbrett eine, wahrscheinlich für ein Stammbuch angelegte Zeichnung, worauf nur einige Figuren in Federumrissen fertig waren. Eine ländliche Familie tritt aus dem Hause unter den vorübergebauten Theil desselben, sich an dem ersehnten Gewitterregen, der niederrauscht, zu freuen; der Hausvater steht betrachtend, die Hände über einander geschlagen, die schwangere Mutter kommt mit einem Kinde auf dem Arm, einem andern an der Hand, aus der Thür, die Großmutter öffnet von innen das Fenster, ein Knabe spielt mit dem Stock, ein andrer mit den Händen, in dem sich ergießenden Wasser, noch ein kleines Madchen sieht hinaus in den Regen, wider den sich zu schützen eine kommende weibliche Gestalt den obern Rock über'n Kopf geschlagen hat; Enten watscheln im Regen. Die gemüth" liche Darstellung hat viel an Chodowiecky Erinnerndes.
Das Ausschneiden in Papier, woran sich der Kunst
beruf unseres R. zuerst am entschiedensten kund gab, hat eine un-
übersehliche Menge angenehmer Producte zu Tage gefördert, wo
von sich fast alles in den Händen lieber Menschen an vielen Or
ten als Andenken befunden hat oder noch befindet. In allerfrüh"
ster Jugend sah er es zuerst der geschickten Hand seiner ältesten
Schwester ab, und bald wendete er es in kindlicher Weise und mit auf
fallender Laune hauptsächlich auf Thiere und menschliche Figuren
an, wozu häusliche Ereignisse, die Fabeln und Erzählungen im
Wandsbecker Boten u. dgl. den Stoff hergaben, unter anderm
hat er so jede einzelne Scene der Ifflandschen Jäger bearbeitet.
Eine Art von Nützlichkeit erhielt diese Beschäftigung durch Her"
vorbnngung von zierlichen Leuchterbehängen (s. g. Lichter-Man
schetten), auch Kränzen auf Kuchentellern, in Laub und Blumen
ausgebildet, und damit hat er bis in sein leztes Lebensjahr so manche Freundin beschenkt; auch mit Ranken zu Stickmustern u. s. w. Besonders weiterhin in Hamburg schnitt er Portrait-Köpfe und Figuren, so wie alles Denkbare, aus, und verstieg sich bis zu den (in Contouren wenigstens) componirtesten Landschaften, kam aber bald auf das eigentlichste Fach für diesen Kunstzweig, die Blumen, worin er, was sich nur als möglich denken läßt, erreicht hat, häusig die feinsten und zartesten Theile der Blüthen und Pflanzen mit dem edelsten Geschmack nachbildend, was er z. B. auf Spatziergängen gleichsam botanisirend, und den Gegenstand bis zur Wurzel hinab verfolgend, übte; man glaubt fast die Gewächse sich bewegend und mit ihren Farben zu sehen. Im Besitz seines Freundes Herterich in Hamburg ist eine bedeutende Anzahl solcher Blumenstücke, anfangs zum Aufkleben als Tapetenborde in einem Zimmer bestimmt gewesen. Cr fertigte dergleichen in den zerstrcuendsten Momenten, sich dabey über jedes andre unterhaltend und das entstehende Gebilde schien sich bey dieser gleichsam plastischen Kunstübung fast wie selbstthätig unter der Scheele in seiner Hand zu bewegen. - Auch einige, glücklich aus Holz geschnitzte Figuren finden sich aus seinem Knabenalter vor.
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