Daniel Runge et al.
Zeichnungen zu Buchdeckeln
Zeichnungen zu Buchdeckeln
1. Die komische und die tragische Lyra. Zeichnung in Federumrissen. (Wurde, wenn wir nicht irren, von Director Scysscrt in Dresden, sehr gut in Kupfer gestochen zu Coste-noble's damals herausgegebncm Theaterkalender.) 1809 in Hamburg.
Komische: Die Hörner der Lyra sprießen aus einem, mit Weinlaub umwundnen Faunskopf, der den Stab im Munde halt, aus welchem die Saiten zu einem andern Stäbe hinaufge" hen, den zwey Faunsknaben, auf den Spitzen der Hörner knieend, halten. Ein Rahmcnstück zu beiden Seiten enthalt einen umwundnen Thyrsus. Auf einem Fliese oben und einem andern unten befinden sich zwischen Laubgewinde folgende Figuren: Oben eine Ohreule, die mit ausgespannten Flügeln zwey schlafende Faunsknaben deckt; zu jeder Seite die Blume eines Zwiebelgewächses, in welcher kleine Vöglein wie im Neste sitzen. Unten ein Panther, der die Schwänze von zwey Faunsknaben im Munde halt, deren einer auf jeder Seite nach einem Gefäß mit Trauben hinlangt. - Tragische: Hier gehen die Hörner von einem Medusenhaupt aus, und zwey Schlangen, welche dessen Hals umwinden, halten die untere Stange der Saiten im Maul, deren obere von zwey Genien, die sich in die Augen sehen, gehalten wird. Die Rahmenstücke an den Seiten enthalten jedes ein Schwerdt oder einen Dolch, mit Passionsblumenlaub umwunden. Im Laubwerk oben ein Raubvogel auf einem erlegten Lamm sitzend, auf welchen von jeder Seite her Genien, die aus der Blume eines Zwiebelgewächses hervorkommen, Pfeile abschießen. Unten saugen aus einer solchen Blume zwey Genien mit Psycheflügeln, die sich die Hände reichen, den betäubenden Saft. (Auf dem Deckclrücken oben ein Becher mit Laub gekranzt, unten ein Thränengefäß.)
R. sandte den 23. Sept. 1809 an Goethe einen Abdruck mit folgenden Worten:
"Ich schließe eine kleine Arbeit von mir ein, welcher ich Ihren Beyfall wünsche, es ist ein Umschlag zu einem
Buchumschläge.
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Theateralmanach. Sie werden eben keine Gedanken dann durchgeführt finden; ich glaube, daß, wenn die einzelnen Bilder in einer solchen Verzierung an eine Empfindung geknüpft werden, sich die Disharmonie darin von selbst auflöset. Diese Auflösung abtt bis zu einem bestimmten Gedanken zu erheben, möchte leicht zu ernsthaft für einen solchen. Zweck werden, und so betrachten Sie es gütigst als ein Spiel." An seine Schwester Maria schrieb er um dieselbe Zeit: "Der Umschlag ist, ohne daß ich nöthig habe, mich deshalb zu rühmen, das beste an dem ganzen Kalender. Ich bedaure, daß du es mit dem Erklarensollen so sauer hast; sage doch nur, das eine wäre die tragische, das andre die komische Maske und gieb dich dann nicht weiter damit ab, denn viel Spaß verstehen die Leute nicht und die Hauptsache ist ihnen, daß doch was gesagt ist." - Goethe antwortete den 18. Oct. 1809: "Die mir zugesendete kleine Bücherdecke hat meinen ganzen Beyfall. Sie ist gut gedacht, deutlich ausgesprochen, und in allen ihren Theilen leserlich. Die beiden Halsten sind durch einen zarten Contrast mehr verbunden als getrennt. Durchaus herrscht ein heiterer Ernst, und so hat diese kleine Production alle Eigenschaften , die sie zu einem sehr guten und erfreulichen Kunstspiel qualisiciren. Ich könnte noch mehr sagen, aber ich will es lieber dabey bewenden lassen, und Sie nur noch mit wenigen Worten meines fortdauernden treuen Antheils an allem, was Sie vornehmen, zum Schlüsse versichern."
Der Meynung des Künstlers, in Gegenstände dieser Art nicht zuviel Gehalt zu legen, konnte er seiner eigensten Natur nach unmöglich lange treu bleiben, wie es denn auch gleich die folgen" den Entwürfe überflüssig zeigen werden.
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2. Fall des Vaterlandes.
Federzeichnung in zwey Blättern (Vorder- und Rückseite), eigends darauf eingerichtet, im Holzschnitt ausgeführt zu werden. 1809 in Hamburg.
In diesem Jahre nämlich bereitete Perthes die Stiftung (welche jedoch erst mit der lezten Hälfte des folgenden Jahres zur Ver-würklichungkam) des Vaterländischen Museums vor, einer Monatsschrift (um mit den Worten der Ankündigung vom Februar 1810 zu sprechen,) "deren Veranlassung einzig in den drangenden Umständen einer Zeit zu suchen, dergleichen von so ausgebreiteter Gewalt, von einem so in die geringsten Umgebungen eingreifenden Umschwünge der Dinge seit der Völkerwanderung
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her keine gefunden werden kann. Jetzt, wo jeder, der Gegenwart überdrüssig, in die Zukunft, hoffend oder zagend, hineinschaut, scheint es mehr als je nothwendig, sich rettend, einen Mittelpunct zu gewinnen, um von ihm aus den mancherley Strudeln und Wirbeln zu begegnen. Es wird daher diese, der Wiedcrbringung und Verbreitung des innern Friedens geweihte Zeit" sckrift nicht politisch seyn, in dem gewöhnlichen Sinne des Wortes, der auf Mittheilung oder gar Beurtheilung der öffentlichen Handlungen und Begebenheiten des Tages geht. Die wahre politische Richtung, das Interesse für Staat und Geschichte aber, meynen wir keinesweges von unsern, einer würdigen Beschäftigung gewidmeten Blättern ausschließen und reinen Sinn für ge" schichtliche Wahrheit vcrläugnen zu dürfen, den wir im Gegentheil als das erste achten und die wir unumwunden auszu" sprechen uns ohne Scheu bestreben werden. Eben so halten wir uns für verpflichtet, ernste Sorge zu tragen für Erhaltung Deut" scher Bildung und für Bewahrung Deutsch-eigenthümlicher Art und Wissenschaft und Kunst; und befürchten nicht, uns dadurch den so neu aufgekommenen Vorwurf der Ger-manomanie zuzuziehen. Im Gegentheil scheint die Zeit mit ihrer Noth, anstatt zu solcher Eitelkeit und solchem Stolz, uns vielmehr zu der Ueberzeugung zu bringen, daß nur von einem ernstlichen Streben nach Wahrheit und reiner Gottergebenheit etwas besseres ausgehen könne. Lange genug ist in Wissenschaft und Religion gekampft, Meynung gegen Meynung gestellt worden. Vernunft und Religion, die in Eintracht neben einander hergehen sollten, haben aus Mißverstand und Blödsinn oder Uebelsinn oft wider einander seyn, einander vernichten und jede allein herrschen wollen, und so ist die Welt bald mit Dummheit und Aberglauben, bald mit Afterweisheit und Unglauben heimgesucht worden; die Folgen dieses verrückten Verhältnisses liegen am Tage. Demnach bietet auch hier das V. M. Gelegenheit, daß des Wissens aller Art kundige Manner sich vereint bemühen mögen, den geschehenen Schaden zu bessern, und den Charakter des von Natur viel und tief forschenden, Gott und Menschen treuen Deutschen in seine alte Würde herzustellen. Redlicher Eifer und guter Wille der Redaction können nur in soweit dazu beytragen, indem diese religiösen Sinn, wissenschaftliche Tüchtigkeit, geschichtliche Wahrheit, allein zum unverletzlichen Maasstab nehmend, in Form und Inhalt übrigens ungehinderte Frey" heit gestattet."
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Ein Clrcular jedoch, das, als Manuscrlpt gedruckt, dieser Ankündigung schon 18U9 vorangegangen war, hatte die Meynung damit viel schärfer ausgesprochen; wir lassen es hier folgen-
"Durch die in den Dctobermonaten der lezten Jahre aus-gesprochnen Gottesurtheile sind wir Deutsche auf den Wendepunct gekommen. Die heftigsten Erschütterungen haben endlich das Vaterland aus seiner Lethargie geweckt; wir sehen, was ist; nicht was wir zwischen Schlaf und Wachen als daseyend wähnten. Wir sind, laßt es uns nicht länger verhehlen, ein unterjochtes Volk geworden; unsere äußern Streitkräfte, da es ihnen an innerer Einheit und belebendem Geiste gebrach, haben der Gewandtheit und Consequenz des kühnen Nachbars unterliegen müssen; das Band, das national uns zusammenhielt, ist gelöset, und unsere Gesetze, Verfassungen und Einrichtungen können sich des fremden Einflusses nicht länger erwehren. Alles wird sich nach Einer Norm, zu einerley Gestalt bequemen müssen.
Diese Norm wird uns vorgeschrieben von einem Volke, das, wo nicht die Deutsche Nation, doch ihre Fürsten überwand; von einem Volke, das ungleich gewandter ist, als wir, das jeden Gegenstand sogleich practisch durchschauet, dem augenblicklich die Anwendbarkeit und der Gebrauch jedes Dinges, wie jeder Person, klar im Geiste ist; von einem Volke, an dessen Spitze ein Mann steht, der Eines Willens, nur Ein Ziel lM Welches dies Ziel sey, wer weiß es? - Alle Schlüsse, analogifch aus der Geschichte gezogen, möchten trügen, wenigstens nicht zureichen. Napoleon als ein erstes Glied im Gange der Weltregierung betrachten, und das Uebrige dieser anheimstellen, dürfte vielleicht den Philosophen, wie den gemeinen Menschenverstand am meisten befriedigen. Die Weltgeschichte hat ihre Freyheit: aber auch ihre Nothwendigkeit.
"Die nördlichen Völker kannten nur Freyheit ohne Vater
land " Dies ist als Erbtheil von den Barbaren uns Deutschen
geblieben in mancher Hinsicht. Seit Cultur und Deutscher Sinn jetziger Zeit unter uns wohnte, war das einzige Streben jedes kräftigen, kenntnißreichen, sinnigen Deutschen, seine individuelle Freyheit zu retten; er entsagte lieber den Bequemlichkeiten des Lebens, nur um unabhängig zu seyn von Fürst und Staat, und so entstand, was entstehen mußte: es verschwand aus den Ver
waltungen Deutscher Staaten das Salz der Erde und sie wur
den Preis gegeben. Daß alles noch so erträglich ging und
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die individuelle Ausbildung ihre Freyheit behielt, daß es sich im Ganzen in Deutschland leben ließ, war der Rechtlichkeit der Nation und ihrer Fürsten zu danken.
Jahrhunderte lang ist nichts geschehen für das Ganze; dürfen wir uns wundern, wenn man für uns etwas thun will? Dürsen wir klagen, wenn man nicht zuvor höflich uns deshalb befragt?
"Bey civilisirten und verdorbenen Völkern ist das Verschwinden des Gemeingeistes eine Art Nationaltod und setzt die Menschen auf die Stufe der Erniedrigung herab, auf der sich Rü-"mer und Griechen unter den lezten Kaisern befanden. Bey ei.ner unverdorbenen Nation hingegen, wo reges Leben noch aller "Orten durchbricht, tritt an die Stelle des schwindenden Gemein.geistes jene Kraft des Einzelnen hervor, die im Zusammensturz "des Staates die Würde des Menschen behauptet."
Wer aber wagt zu sagen, daß die Deutschen ein verdorbenes Volk wären? Wahr! wir haben keinen Gemeingeist, keine Gesammtkraft bewiesen; aber Kraft und Geist des Einzelnen ist vielfaltig, und man darf behaupten, größer, besser und wahrer bewiesen worden, als unter irgend einem Volke dieser Zeit.
Und sehen wir unser Verhältniß zur Welt, zu Europa an, wessen Brust unter uns schwillt nicht von Freude und Erhe" bung! Welches andre Volk könnte, so rein von anerzogner Ansicht und Absicht, so frey von Vorurtheikn, so rein menschlich, wie es nur Gott wohlgefällt, seine Brüder geistig umfassen?
3)der blicken wir zurück in die Jahrbücher unsrer Altvordern; denn schon einmal wurde von den Deutschen die Probe bestanden. Es gab ein Jahrhundert, wo Europa in grelle Gegensätze getheilt war- Barbarey auf einer Seite; hohe Cultur, geübter Sinn für das Erhabene und Schöne der Künste, hervorragende Talente für die Wissenschaften auf der andern. Aber alle diese großen und vortrefflichen Manner, die als Wiederherstelle! der Wissenschaften ewig im Gedächtniß der Nachwelt leben werden, bezogen diese im Allgemeinen keineswegs auf wahre Menschenliebe, Religion und Sittlichkeit. Nur die Deutschen vermochten nicht, mit wissenschaftlicher und Kunst-Bildung Unglauben, Aberglauben, Tyrannen und Unsittlichkeit zu verbinden; und - daher die Reformation! Die Völker danken ihr, und somit dem tiefen Gemüthe der Deutschen, die Erhaltung der Sittlichkeit und Wahrheit.
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Daß wir also nur alles, was Bezug hat auf allgemeine, und, weil sie dieses ist, uns Deutschen eigenthümliche Bildung, auf ursprüngliche Sprache und Wissenschaft und Kunst, durch mannliche Vertheidigung und ernsten Anbau, rein und frey von ungleichartigem Einfluß zu bewahren, zu schützen und zu behaupten suchen, auf daß nicht das von uns erwählte bessere Theil auch noch verloren gehe!
Diese und ähnliche Betrachtungen und Entschlüsse sind es, die einige Freunde, rechtschaffene Deutsche Männer, angeregt haben, eine Zeitschrift herauszugeben, welche, wo möglich, historisch unter unserm Volke das Gefühl und Bewußtseyn seines nationellen Daseyns lebendig erhalte. Die Wahrheit braucht nur gesagt zu werden, und sie wird erkannt. Ob sie gesagt werden könne und dürse? Warum nicht? "Wer nichts andres "aussprechen will als das Gute, kann stets unangefochten reden." Es versteht sich, daß auch hier der Vordersatz gelte, daß dem Kaiser gehöre, was des Kaisers ist, vermöge der, wenigstens für uns, geltenden Gottesurtheile."
Hiernach war und ist nun für alle Empfängliche unverkennbar genug, was eigentlich gemeynt war: überall die Würdigeren aufzusuchen, um im Vereine das schmerzliche Gefühl der Unterjochung recht wach und lebendig zu erhalten, und dadurch wenigstens die geistigen Kräfte in der Nation zu gesellen, um was nur möglich zu bewahren, zu retten, ja herzustellen. - Und hiezu sollte und wollte nun auch unser R. durch einen Umschlag zu den Iournalheften beytragen, in welchem Sinne denn die oben ru-bricirte Zeichnung entworfen worden.
Auf der Vorderseite sieht man unten, leicht mit Rasenstücken überdeckt, einen Erschlagenen nackend hingestreckt, unter dem Rücken ein Stein. Ueber den Rasen hin treibt die Witwe de" Pflug, den der Amor, welcher sie verbunden hatte, zieht. Ein kleines Kind hockt ihr auf den Schultern, sich an ihrem Kopfe festhaltend. An jeder Seite des Bildes steht ein Speer, von einem Helm bedeckt; schräg von den Speeren aus gehen zwey Schwerdter nach der oberen Mitte hin, wo die Griffe derselben zusammenkommen, von welchen der Doppelkopf des Ianus herabhängt. Ganz unten ist ein Fries mit Passionsblumen und deren Laub, welches denn auch alle Gegenstände im Bilde, bloß mit Ausnahme der lebenden Hauptfiguren, umwindet. - Die Rückseite zeigt bloß eine Nahmcneinfassung, aus Blumen undBlättern und Ranken der Passionea geschmückt. Alles außerordentlich zierlich.
Dieses war nun wohl als Erfindung gar zu schneidend deutlich, um nicht Anstand zu finden; daher denn ein andrer Entwurf nothwendig wurde, von dem sich dieses zwar weniger sagen ließ, und der gleichwohl, wenn auch mehr allegorisch, unserm Gefühl nach eher noch tiefer einbrennend das Gemüth traf.
3. Noth des Vaterlandes. Federzeichnung auf zwey großen Blattern. (Verkleinert für das Vaterländische Museum in Holz geschnitten von Prof. Gubitz in Berlin.) 1810 in Hamburg.
Wir möchten die Zeichnung der Vorderseite einem "geharnischten Sonette" von Rückert vergleichen. - Unten in der Mitte ein geborstenes Herz, in welches ein Engel mit dem einen Fuße tritt, und in seiner rechten Hand eine Ruthe erhebt, um es zu peitschen. An jeder der beiden Seiten bis auf die Hälfte steht ein Spaten, die Schärfe nach unten gekehrt, darüber erhebt sich dann eine Hellebarde. Unten von dem Herzen aus sprießt die Ranke einer Passionea, sie umwindet mit ihren Blättern Spaten und Speer, oben in der Mitte aber kommen ihre. Blumen zusammen und bedecken das Ianushaupt, das dort an einem queer über die Spitzen der Speere liegenden Stäbe hangt. - Die Rückseite deutet auf den "innern Frieden," dessen Wiederbringung als Absicht angekündigt wurde. Unten das Herz ist nun selbst strahlend, und in lichter Lohe entbrannt; der Engel berührt es gleichsam sänftigend mit einem Stäbchen. Aus dem Herzen sprießen Convallen heraus und vermischen sich und ihre Blätter in jeder der Ecken mit den Wurzeln der Zwiebel einer Lilie, deicn Stengel und Blätter in Kie obere Ecke hinaufsteigen, wo ihre Blumen aufgegangen sind. Oben in der Mitte kommt die strahlende Friedenstaube mit dem Delzweig im Schnabel herab.
Brentano schrieb aus Berlin am 18. März 18W an R.: "Das Blatt, wo der umrankte Stab so gefährlich auf Lanzen" spitzen ruht, hat mir besonders wohl gefallen, welches jedoch dieser und jener hier, nach seiner Art in den Geist des Künstlers dringend, ein etwas starkes Parforcestück nannte, ihm schienen Heugabeln sicherer zur Unterlage, besonders da unten schon Spaten stünden. Mögen doch die Leute, die das Herz zerspaltet haben, auch auf diese Art Umschlag und Inhalt beurtheilen, damit sie dem vaterländischen Unternehmen nicht die Wurzeln abstechen; denn ich und andre Freunde haben bereits besorglich für den Fortgang der Zeitschrift mannichfaltig reden hören und hauptsächlich wegen des etwas zu scharf und bizarr ausgesprochnen Und bey aller Umsichtlichkeit zu Deutsch deutlichen Circulars."
4. Natur und Geist (oder: Natur und Kunst; oder: Sommer, und Winter.) Schraffirte und getuschte Zeichnung. (In Kupfer radirt für das Taschenbuch zum geselligen Vergnügen für 1811, herausgegeben von W. G. Becker.) Im Frühjahr 1810 in Hamburg. - Ein größerer leichter Feber-entwmf weicht in einigen Kleinigkeiten etwas ab.
Wir lassen hier die sinnige Erklärung des
Hrn. Becker vorangehen:
"Die Vorderseite ist ein Bild der vier Jahreszeiten. Ein Mädchen auf einem Blumenthrone sitzend stellt uns gleichsam die Blüthe des Lebens, auf welches alles Uebrige bezogen ist, personisicirt dar. Auf der Rückseite ist jenes poetische Naturbild in ein poetisch-sittliches verwandelt, und statt der Jahreszeiten sehen wir hier die Poesie, Oekonomie, Theologie und Philosophie allegorisirt, die auf der Vorderseite nur leise angedeutet waren. Dort hat die Natur alles durch Blumen verbunden; hier sind die Genien von der Kunst mit dem mütterlichen Mantel umschlungen."
Es ist diese tiefsinnige Arbeit als die lezte unseres Künst, lers anzunehmen. - Der Blumenthron der Jungfrau erhebt sich auf der Vorderseite bis zur Mitte des Bildes; sie hat "Blu-"men in ihren Schoos gepflückt," hält daraus ein Rosenknöspchen in der einen Hnnd und sieht still auf dasselbe nieder. Von den vier Genien sitzen zwey oben in beiden Ecken auf Wolken, und zwey ruhen unten auf ihren Knieen. Oben rechts ein Knabe, der eine Lyra hält, und einen Kranz nach der Jungfrau hinab reicht: Frühling. Unten rechts ein andrer, eine Korn- und Kleegarbe hinter sich haltend, eine Sichel in der andern Hand: Sommer. Unten links ein Mädchen, festgebunden an eine hinter ihr stehende Stange mit Trauben und Weinlaub: Herbst. Oben links ein Knabe, die eine Hand erhebend, die andre ruht auf einen Globus: Winter. - Rückseite: Von einem getäfelten Boden führen Stufen zum Sitz der Mutter Weisheit in der Mitte hinauf. Hinter ihr ist wie ein Zeltgewand ausgepannt, über welchem und hinter ihrem Haupt die Strahlen der Sonne. Ihr weiter Hauptschleyer und zugleich Mantel umfaßt vier Kinder: Das eine links, zu welchem sie die Hand aufhebend hinabsieht, hebt die Handchen auf ihren Schoos, gleichsam sein Gelerntes hersagend; dem andern rechts legt sie eine Hand auf's Haupt, es faltet die Handchen gegen ein kleines Kreuz, das vor ihm steht; rechts auf ihrer linken Schulter ruht ein größerer Knabe, aufmerksam zuhörend; endlich hat links an ihrem rechten Knie ein Kind ein Körbchen vor sich, worauf es die eine Hand legt, mit dem andern Arm aber das Panshaupt (s. weiterhin) umfaßt. Die oben angegebnen vier Symbole befinden sich in den beiden untern Ecken auf zwey antiken Altären, in den beiden oberen auf zwey korinthischen Säulen, als: Oben links eine blumenbekranzte Lyra: Poesie; unten links ein Panshaupt, und als Basrelief au dem Altar Korngarben und Gefäße: Oekonomie; unten rechts ein Todtenkopf, auf Weintrauben ruhend, und als Basrelief der geweihte Kelch mit der Schlange, auf Weinlaub und Trauben stehend: Theologie; oben rechts eine Sphäre: Philosophie. Die Füße der Mutter ruhen auf einer herabhangenden Decke, an deren Rande steht: km"?. 0?i". kni^i: lücii. NDC^CX. - Beide Seiten sind mit einem schmalen Rahmen mit Eichenlaub eingefaßt. Auf dem Deckelrücken sieht man oben die strahlende Sonne, unten den Mond im Viertel nebst der dunkeln Seite, in der Mitte die Erdkugel; aus Wolken von der Sonne, so wie auch von dem Monde her, sehen Engelsköpfchen nach der Erde hin.
Der Stecher hat es so verkehrt gemacht, daß beym Einbinden die Rückseite zur Vorderseite werden mußte, und umgekehrt.
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