Daniel Runge et al.
Freuden der Jagd
Freuden der Jagd
Sehr große Aquarellzeichnung. 1808 oder 1809 in Hamburg.
Diana, in sehr knapp anschließendem weißem Gewände, Bogen und Köcher mit Pfeilen auf dem Rücken, auf dem Haupte ein kleiner Halbmond, kommt mit raschem, kraftig anmuthsvollen Schritt aus einem Tannen- und Eichenwalde an ein Wasser im Vorgrunde her, in welchem Wasserblumen schwimmen, und worin sich die Blumen und Krauter des Rasenrandes, so wie die Gegenstande des Bildes, spiegeln. Die Göttin hält zwey Windhunde am Leitbande vor sich, einen braungesieckten, der zum Wasser herab, und einen graugesteckten, der zum Walde hinauf-springt, in welchem Rehe sich ruhig ergehen. Auf den Eichenzweigen über der Göttin ruhen wie schützende Genien in horizontaler Richtung einander gegenüber zwey nackte Kinder, ein Knabe und ein Mädchen. - Das Ganze bildet ein sehr längliches aufrechtstehendes Oval, in einem Viereck, das ein breiter Arabeskenrahmen mit folgendem Inhalte füllt: Unten in der Mitte ein Faunshaupt mit Laub umhangt, bläset mit großer Gewalt durch Ein Mundloch vier Jagdhörner, wovon sich zwey rechts- und zwey linkshin nach den Ecken hin strecken. Hier ist an jeder Seite eine große blaue Blume, um welche sich schneckenförmig Eichen- und andre Baumblatter winden und in welchem Gewinde demselben folgend ein fahler Windhund einen eben solchen Hasen, ein schwarz und brauner Dachshund einen Fuchs jagt. Das Blättergewinde zieht sich dann ausrecht bis zur Mitte der Rahmenseiten hinauf, wo eine Iagdnymphe mit den Zehen des einen Fußes auf dem Kelch einer gelben Blume steht und gewaltsam in die Höhe gewendet zwey gelbe Metallbecken zur hohen Jagd rufend schlagt. Ueber ihr sprießt eine rothe Feuerlilie auf, und auf dieser steht in jeder oberen Ecke eine Nymphe, die den Pfeil vom Bogen nach der oberen Mitte abschießt, wo aufgerichtet ein verwundeter Bär steht, vor welchem ein von ihm erlegtes Reh blutend liegt. Zwischen der Nymphe und dem Bären springt an jeder Seite mitten aus Waizenähren ein ermatteter Hirsch zu dem lezteren hinauf.
Das Ganze - in welchem auch die Farbenzusammenstellungen sehr schön sind - war als Zimmerverzierung und Gegenstück zu den schon oben vorgekommenen Freuden des Weines gedacht. - Charakteristisch hatte unser Künstler von jeher Thiere und was dem anhangig theils gezeichnet, theils mit der Scheere ausgeschnitten. Von leztcren ist eine Reihe, worunter ganze Fabeln, aufgeklebt vorhanden, die er als Spielbilder für seinen ältesten Sohn als kleinen Knaben geschnitten. - Gegenstände dieser Art in Oel für den Spiegel eines Schiffes zu mahlen ist ihm dreymal vorgekommen: Als er 1801 auf der Reise von Kopenhagen nach Dresden in der Vaterstadt war, kam grade der Lachs, eines der Schiffe des Vaters, von England an, wo es einem von der Regierung verordneten Embargo dadurch entgangen war, daß der Capitain zu rechter Zeit das Ankertau an der Küste kappte und absegelte. R. mahlte geschwind alla prima einen Fischer, dem ein gefangner Lachs aus dem Netz entspringt, er langt mit der Hand darnach; hinten ist eine Aussicht auf die Rhede, die Sonne im Begriff unterzugehen. Ebendaselbst mahlte er 1807 einen Vogel Strauß für ein andres Schiff. 1809 in Hamburg für ein Schiff seines Bruders einen Schwan auf eine Kupferplatte, die noch aufbehalten ist (so wie eine große Zeichnung davon im Federumriß), allein freylich verschiedene Seereisen mitgemacht hat.
Der Schwan fährt mit ausgespannten (aber des Iahmens wegen gebrochnen) Flügeln zwischen Schilfen, Binsen und Wasserlilien hin. - Ein sehr großes Vergnügen machte ihm das unvergleichliche Talent des Directors Tischbein für Thierphysiognomien; besonders die Zeichnungen, welche derselbe von allen den wilden Thieren, die im Sommer 1805 auf dem Hamburger Berge gezeigt wurden, machte, und deren zum Theil recht "tüchtige Gesichter," wie R. sich ausdrückte, dieser im Winter darauf nachzeichnen wollte; wir besitzen davon bloß den sehr schönen Kopf des Waschbären. -
Wiederum war Tischbein höchlich eingenommen von den Blumen- und Rankengewinden unseres Künstlers, und es wäre darüber zwischen Beiden, in Beziehung auf die Fertigung von Zimmerverzierungen, bald zu einem Bunde gekommen, worüber wir folgenden Brief des Alten
[Tischbein] an R. aus Eutin vom 21. Dec. 1809 mittheilen wollen:
"Ich würde Ihnen schon eher geschrieben haben, lieber Freund, wenn ich nur irgend Befriedigung in Lübeck gefunden hätte über das, was wir verabredeten, nämlich wie auf eine leichte Art Ornamente mit Formen zu vervielfältigen. Aber in der Lackirfabrik fand ich den Herrn nicht zu Hause; dann war ich bey einem Amtsmahler, der mir viele Modelle zeigte, womit er Zierrathen auf eine geschwinde und richtige Art macht, aber sie find doch nicht zu feinen Sachen zu gebrauchen. Ich denke, man muß selbst Hand anlegen, Formen in Holz schneiden lassen, wo Ranken oder Blätter darauf sind, die immer wiederholt abgedruckt werden, und das übrige mit der Hand hinein arbeiten. Wäre ich bey Ihnen, so wollten wir schon etwas ausdenken. - Ich schicke Ihnen hier einige Skizzen, wozu ich wünschte, daß Sie, wenn Sie bey Laune, einige Runken zeichneten. Sie haben viele Geschicklichkeit, Ranken und Blätter und Blumen zu zeichnen, und wenn Sie mir einige machten, so wollte ich die Thiere hinein zeichnen. Die Ranken u. s. w. können so verschieden seyn, wie sie wollen, auch können sie sich oft wiederholen; das Schöne dabey ist, wenn sie hinein und heraus gehen. Es müssen auch einige Stücke darunter seyn, wo nur bloß Ranken, Blätter und Blumen darauf sind, ohne Thiere; allenfalls mit kleinen Vögeln, Schmetterlingen, Caninchen, die an den Blättern nagen. In Herculanum und Pompeji habe ich schöne Sachen der Art gesehen, worin eine reiche Phantasie war. Man hat Freyheit, zu machen was man will; die Thiere brauchen auch nicht mit den Füßen worauf zu stehen, denn es ist nur Traum, da bedürfen die Figuren keinen Grund unter den Beinen zu haben. Ich möchte mir gern ein Zimmer zur Probe machen, wo ein solcher Fries über der Lamperie herumliefe. Wenn Sie einmal die Laune anwandelt, dann machen Sie einige Ornamente von Laub und Blumen. Die Blätter können von allen Farben seyn, sie brauchen nicht natürlich zu seyn: Die in Herculanum sind in componirten Farben, es ist eine Schöpfung aus der Phan tasie. Schreiben Sie mir bald, und schicken mir einige Entwürfe."
Der von Tischbein mitgesandten leichten Skizzen waren drey: Durch sehr einfach gezogne Ranken hin jagt ein gefleckter Tiger das fleckige Reh (Antelope ?), ein fahler Löwe das hellbraune Roß, ein streifiger Leopard das Zebra.
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