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Philipp Otto Runge

Farbenkugel, oder Construction des Verhältnisses aller Mischungen


1,112 # 1809 B

Farbenkugel, oder Construction des Verhältnisses aller Mischungen

der Farben zueinander und ihrer vollständigen Affinität; mit angehängtem Versuch
einer Ableitung der Harmonire in den Zusammenstellungen der Farben von Philipp
Otto Runge, Mahler Farbenkugel oder Construction des Verhältnisses aller Mischungen der Farben

zu einander und ihrer vollständigen Affinität; mit angehängtem Versuch einer Ableitung der Harmonie in den
Zusammenstellungen der Farben.Von Philipp Otto Runge, Mahler >*.Vorbericht. -Die Figuren in diesem
Büchlein, welche die Construction des Kugelverhältnisses an-schaulich machen sollen, endigen mit der
Kugel selbst, welche, colorirt, nach zwey perspektivischen Aufrissen, und mit zwey Durchschnitten, auf der
Kupfertafel dargestellt ist . Von dieser Abbildung, da sie so wie die übrigen Figuren nur der Vorstellung zu
Hülfe kommen soll, wird man nicht verlangen, daß alle Mischungen so bestimmt und klar erscheinen, als
davon in der wörtlichen Construction die Rede ist; auch hätte eine sorgfältigere Ausführung der Illumination,
wenn sie nicht gar hier am Orte unmöglich gewesen wäre, nur die Herausgabe des Werkes verspätet und
verteuert; und obschon die Vorstellung des Verhältnisses für jedermann sehr an Klarheit gewinnen müßte,
wenn an einer würklichen Kugel, und verschiedenen Kugelabschnitten, die Farben in ihren Mischungen und
Nuancen nach dieser Construction aufgetragen würden, so wird man doch auch schon nach gegenwärtiger
Kupfertafel deutlicher begreifen können, was gemeynt ist. Bey den Farbenzusammenstellungen auf der
anderen Tafel sind mit Vorbedacht lauter undurchsichtige oder Deckfarben angewandt, wenn man selbige
gleich auf andere Weise brillanter hätte haben können; es sollte vom Unterschied des Materials ganz
abgesehen, und bloß das Verhältniß des Farbeneindrucks an und für sich in Betracht gezogen werden;
dieses konnte nicht so abgesondert stattfinden, wenn die Verschiedenartigkeit des Materials mit in Collision
getreten wäre. Will man jedoch die Effecte etwas lebhafter empfinden, so könnte man statt des gefärbten
Papieres Taffet oder Atlasbänder wählen.


Anstatt diese Zusammenstellungen, eine jede an ihren Ort, im Contexte meine Schrift selbst einzuschalten,
schien es den Vorzug zu verdienen, sie insgesammt in gegenwärtiger Folge auf einer Tafel darzustellen, weil,
was in den verschiedenen Abschnitten erörtert wird, jetzo dem Blicke wieder in einer Figur anspricht. Das
Störende aber, was aus der Zusammenstellung des Ganzen für die Betrachtung eines einzelnen Effectes
entstehen muß, wird dadurch gehoben, daß die Tafel nicht angeheftet ist, und man das Buch selbst dazu
anwenden kann, die störenden Zusammenstellungen zuzudecken.

Der Abhandlung meines Freundes Steffens verdanken wir den Blick in eine Fülle der herrlichsten
Erscheinungen in der Natur; und ich würde glauben, ein erfreuliches Ziel erreicht zu haben, wenn mein
kleines Werk zur ruhigen Ueberschauung aller dieser interessanten Phänome einiges beyzutragen, imstande
gewesen wäre. P. 0. Runge.

§ 1. So natürlich, ja unumgänglich es scheint, die regelmäßigen Resultate, welche beym Vermischen
färbender Materialen uns in die Augen fallen, an den Theorien des Lichts, oder der Enstehung der Farben, zu
vergleichen und zu prüfen, und eine Lehre, einen wissenschaftlichen Unterricht für den Mahler, von den
Theoremen oder Hypothesen herzuleiten, aus welchem demnächst fruchtbare Regeln erwachsen könnten,
so ist doch bekannt, wie hülflos den Künstler die aufgestellte Wissenschaft gelassen hat, wenn die
bestehenden Verhältnisse farbiger Substanzen Würkungen erzeugten, die aus der bloßen Brechung des
Lichtstrahles nicht zu erklären waren.

§ 2. Wenn erwogen wird, wie neben einer richtigen Erkenntniß der Formen des menschlichen Körpers, und
ihrer Maasverhältnisse, dem Mahler auch die Einsicht in die Perspectiv vonnöthen ist, wodurch Größe und
Ort in Hinsicht ihrer Erscheinung den Gestalten bestimmt wird; nicht weniger die Kenntniß von der Richtung
der Lichtstrahlen, so wie ihrer Brechung und Zurückwürkung, damit es möglich werde, die Gegenstände
rund, und in einem räumlichen Verhältniß erscheinend, darzustellen: so gesellet sich unmittelbar die
Betrachtung hinzu, daß alle Dinge auch ihre Farben haben, und die Farben, in manchen
Zusammenstellungen einen angenehmen, in anderen aber einen widrigen Eindruck machen, endlich, daß
dieselben durch Vermischung entweder andere erzeugen, oder sich auflösen.

§ 3. Beruhet aber die Wissenschaft der Zeichnung in welcher sich die Kenntniß von der Form, der
Proportion, von den perspectivischen Verhältnissen, und der Beleuchtung der Gegenstände vereinigen,
wesentlich auf Entdeckung der Gesetze, nach welchen die Gegenstände dem Auge sichtbar werden, mit
nichten aber auf Erkenntniß der Körper oder ihrer Formen an und für sich; so möchten wir, wenn unsere
Aufmerksamkeit sich nun auf die Farben lenkt, auf ähnliche Weise streben, die Verhältnisse der gegebenen
Farben zu einander, sowohl in ihrer Reinheit als aus dem Gesetze, wonach ihre Mischungen vorzugehen
scheinen, zu erforschen, um die Eindrücke, welche ihre Zusammenstellungen auf uns machten, und die
veränderten Erscheinungen, welche aus ihren Mischungen entstehen, bestimmt ausfinden, und jedesmal mit
unserem Material wiedergeben zu können.

§ 4. Diese Erkenntniß kann daher angesehen werden als ganz abgesondert von der Wissenschaft, wie durch
das Licht die Farben entstehen; indem wir vielmehr die Farbe als eine gegebene, ja selbständige
Erscheinung, und in Verhältnissen zum Licht und zur Finsternis, zu Hell und Dunkel, zu Weiß und Schwarz,
betrachten und so begreifen möchten. Gelangten wir auf diesem practischen Wege, von einem so
entgegengesetzten Standpuncte, endlich auf einerley Resultat mit dem Lehrer der Theorie des Lichts, so
würde es nur desto gewinnvoller seyn.

§ 5. Es ist einleuchtend, daß alle reinen Farben, unter und von welchen eine Zusammenstellung möglich ist,
auch die Gesammtzahl der Elemente aller und jeder Mischungen ausmachen müssen. Dieser Elemente sind
fünfe: Weiß, Schwarz, Blau, Gelb, Roth; außer welchen nicht möglich ist, sich eine völlige unvermischte
Tinctur vorzustellen.

§ 6. Wir sondern aber Weiß und Schwarz von den andern drey Farben (welche wir überhaupt nur Farben
nennen) aus, und stellen sie in eine verschiedene, den Farben wie entgegengesetzte Classe; weil nämlich
Weiß und Schwarz einen bestimmten Gegensatz (den von He1l und Dunkel, oder Licht und Finsterniß) nicht
nur für sich allein in unserer Vorstellung bezeichnen, sondern auch in ihrer mehreren oder minderen
Vermischung sowohl mit den Farben als mit allen farbigen Mischungen, das Hellere oder Dunklere
überhaupt, durch mehr oder weniger weißlich oder schwärzlich, vorstellen: mithin auch als hell und dunkel
überhaupt, in einem allgemeinen und andern Verhältniß zu den Farben stehen, als diese gegen sich unter
einander beweisen.


§ 7. Es haben öfters Bestrebungen, wiewohl nur als Versuche stattgefunden, in einer tabellarischen Form
das Verhältniß aller Mischungen zu einander darzustellen. Die Figur nun, durch welche der ganze
Zusammenhang aller Verhältnisse ausgedrückt werden soll, kann nichts willkührliches, sie muß vielmehr das
Verhältniß selbst seyn, indem solche nothwendig aus der natürlichen Neigung so wie Feindschaft, welche die
Elemente zu einander äußern, hervorgehen muß.

§ 8. Wenn wir uns nun die drey Farben, Blau, Gelb, Roth, eine jede in ihrem völlig reinen Zustande vorstellen;
so verlangen wir, daß das Blaue weder von Gelb noch von Roth den geringsten Zusatz habe; so wie von dem
Gelben, daß es nicht im mindesten weder in's Blaue noch in's Rothe spiele; auch von dem Rothen, daß es
weder gelblich noch bläulich schillere. Da nun vielleicht kein vorhandenes Farbenmateriale in der gesetzten
völligen Abwesenheit von aller Beymischung da ist; wenigstens aber es der Theorie zukömmt, wenn wir in
den vorhandenen Farben noch eine Mischung und Mehrheit erkennen, von solcher zu abstrahiren, und jedes
reine Element als eine absolute Einheit anzunehmen, so beweisen diese so gesetzten ganz mischungsfreyen
Farbenpuncte eine Analogie mit dem dimensionslosen mathematischen Puncte. Und da die Qualität einer
jeden der drey Farben völlig individuell, und gesondert von jeder Qualität der beiden andern ist, ich also die
Differenz derselben in gleicher Größe setze, so formiren die drey Puncte: Blau, Gelb, Roth, wenn ich die
gleiche Differenz durch gleiche Linien ausdrücke, ein gleichseitiges Dreieck, als den (nicht unbekannten)
figürlichen Ausdruck für das Verhältniß unter diesen drey reinen Naturkräften

§ 9. Bekannt ist, daß durch dIe Verinischung von Blauem und Gelbem Grün, von Gelben und Rothem
0range, und von Rothem und Blauem Vio1ett erzeugt werden, daß aber auch, wenn z. B. in Grünem das
Blaue stärker würkt als Gelb, sich das Grüne in Blau, und wenn Gelb stärker darin würkt, es sich in's Gelbe
abstuft oder neigt, und sich zulezt völlig darin verliert. Das übereinstimmende ist mit Orange der Fall, welches
sich in Gelb uiid Roth neigt und verliert, so wie Violett in Roth und Blau. Diese Beweg1ichkeit von Grün,
Orange und Violett würde nun im Gegensatz von den drey reinen isolierten Farbenpuncten B. G. R., wenn wir
uns diese als gegen einander würkend vorstellen, als ihre Neigung von einem Puncte zum andern, durch die
drey Seiten des Dreyecks ausgedrückt werden.

§ 10. Obgleich nun, im Gegensatz von der Einheit jeder der drey Puncte B. G. R. die drey Mischungen:
Grün, Orange, Violett, jede eine Mehrheit sind, und in unzähligen Stufen zwischen je zweyen Farben sich
befinden, so wird doch, wenn zurn Beyspiel B. und G. in gleicher Kraft zusammen würken, oder sich
vermischen, in dem Mittelpuncte der Linie BG Grün ebensowohl als eine eigene Farbe erscheinen, die zu
Blau und zu Gelb in gleicher Neigung und gleicher Differenz (welche in diesem besonderen Verhältniß
Indifferenz wird) steht. Eben so verhält es sich mit Orange, und wiederum mit Violett. Weil nunGrün, Orange
und Violett in diesen Mittel-oder abstracten Puncten mit B. G. und R. in gleicher Differenz stehen, und auf
den Seiten des Dreyecks auch in gleiche Entfernung von denselben zu setzen sind, so werden sie auch in
ihrem Verhältnisse unter sich in gleicher Differenz stehen, und ein gleichseitiges Dreyeck formiren, welches
in dem ersteren mitten inne läge.

§ 11. Da aber alle drey reinen Mischungspuncte Gr.O.V. sowohl, als alle sich von Gr. in B. und G., von O. in

G. und R. und von V. in R. und in B. neigende Mischungen, nur aus der Zusammenwürkung je zweyer reinen
Farben hervorgegangen sind, so sind sie von aller Neigung, zu jeder dritten Farbe sowohl als irgend einer
sonstigen Tinctur, völlig frey.
§12. Es ist aber vorher bestimmt worden, daß alle Farben und reinfarbige Mischungen zu Weiß und
Schwarz (zu Weiß als einer Erhellung und Schwächung, zu Schwarz als einer Verdunkelung oder Trübung)
in einem allgemeinen Verhältniß stehen, und der Einwürkung derselben empfänglich sind. Es sind also die
drey Puncte Gr.O.V. sowohl, als alle zwischen ihnen und den Puncten B.G.R. liegenden einfachen
Mischungen, mit dem Puncte Weiß nach der einen, und Schwarz nach der anderen Seite (als zwey
vollkommenen Gegensätzen), in derselben Differenz, und mithin alle in dieselbe Entfernung von Weiß wie
von Schwarz zu setzen, in welcher die drey Puncte B.G.R. von ebendenselben (nämlich von Weiß und von
Schwarz) stehen; da wir gleiche Differenz unter Naturkräften durch gleiche Linien (Entfernungen) ausdrücken
zur Regel angenommen haben.

§13. Diese allgemein gleiche Entfernung aber von zwey verschiedenen Puncten können wir unter keiner
andern Figur uns vorstellen, als wenn wir die Totalität aller reinen Farben und ihrer einfachen Mischungen
(nämlich die drey Puncte B.G.R. sowohl, als Gr.O.V. mit ihrer ganzen Neigung in die einfachen Farben,) eine
vollkommene Kreislinie bildend annehmen; innerhalb welcher die beiden gleichseitigen Dreyecke B.G.R. und
Gr.O.V. zusammen ein gleichseitiges Sechseck ausmachen, und zu welcher Weiß und Schwarz, oder die
zwey Puncte W. und S. wie ausserhalb der Kreisfläche liegende Pole sich verhalten, deren Entfernung von
einander W.S. als eine Linie (Achse) anzunehmen ist, welche durch das Centrum des Kreises geht.


§15. Beide Dreyecke, oder das vorhin (Fig. 4.) aufgestellte gleichseitige Sechseck, enthalten, in der Folge:
Blau, Grün, Gelb, Orange, Roth, Violett, die sogenannten sieben Farben des Rcgenbogens; wenn man
Violett in bläuliches und röthliches an beiden Seiten des Rcgenbogens zertrennt annimmt. Und so enthält der
Übergang und Umfang des ganzen Kreises alle reinfarbigen Mischungen, und die reinen Farben selbst. Fig.

§16. Wie Grün durch die Vermischung von Blau und Gelb erzeugt wird, so entsteht durch die Vermischung
von Weißem und Schwarzem Grau, welches sich in weißlicher und schwärzlicher Neigung auf der Linie
zwischen diesen beiden Puncten abstuft, und auf der einen Seite in Weiß, wie auf der anderen Seite in
Schwarz sich verliert. Im Mittel aber, wo die beiden Kräfte in gleicher Stärke gegen einander würken, wird der
Punct seyn, wo dasselbe als ein völlig gleichgültiges Grau, in gleicher Differenz und gleicher Neigung zu
Schwarz wie zu Weiß steht; welcher Punct, unserer Configuration gemäß, eben derselbe ist, auf welchem die
Linie W.S. die Fläche des Farbenkreises berührt und schneidet. Fig. 6

§17. In dem Farbenkreise sind, wie wir gezeigt haben, die drey abstracten Puncte des Grünen, Orangen und
Violetten, welche das Dreyeck Gr.O.V. bilden, die Producte von je zweyen reinen Elementarfarben, welche
sich in diesen Puncten in gleicher Kraft innigst vereinigt und durchdrungen haben. Wenn wir aber zu dem
reinen Grün, als dem Producte aus Gelb und Blau, die dritte Farbe, Roth, im geringsten zumischen, so
erfahren wir, daß diese den heitern Schein des Grünen bloß zerstört und beschmutzt, ohne solchem einen
rothen Schein mitzutheilen. Es wird also Grün durch eine stärkere Beymischung von Roth in einen völlig
farblosen Schmutz, oder in Grau, aufgelöset; welches nur erst durch noch stärkere Beymischung einen
rothen Schein annimmt. Diese Auflösung aller farbigen Erscheinung ist die Folge von der gleich starken
Zusammenwürkung aller drey reinen Farben. Denn es werde Blau mit Orange vermischt, so lösen beide sich
ebensowohl in dasselbe farblose Grau auf; so wie auch Gelb mit Violett. Wie wir uns denn auch ein
röthliches Grün, ein bläulich Orange, oder ein gelblich Violett so wenig vorstellen können, als einen östlichen
West, oder einen südlichen Nord. Da nun die drey reinen individuellen Qualitäten B.G.R., wenn sie in gleicher
Kraft zusammen würken, alle Individualität völlig verlieren, und in eine absolute Allgemeinheit aufgelöset
werden; die Individualitäten von B.G.R. aber in allen einfachen Mischungen des ganzen Farbenkreises in
vollkommener Würksamkeit erscheinen: so sind diese einfachen Mischungen sowohl, als die drey reinen
Farben, in gleicher Differenz mit der absoluten Allgemeinheit des farblosen Punctes, welcher daher, in
gleicher Entfernung von jedem Puncte des ganzen Umkreises stehend, der Mittelpunct des Kreises ist.

In demselben lösen sich auch alle diametral entgegenstehenden Farben und Mischungen auf; indem in
jedem Diameter des Kreises alle drey reinen Farben gleich würkend sind. Denn wenn (Fig. 6.) der Punct Gr.
näher an G. gerückt, und auf der gegenüber liegenden Seite Roth (R.) sich in ein röthliches Violett (oder zu
B.) neigt, so ist B. in's Rothe um eben soviel hineingerückt, als Gr. dem Blauen entzogen wurde. Fig. 6, Fig. 7

Zugleich ist hier noch anzumerken, daß in demselben Verhältnisse des gleichseitigen Dreyeckes, welches

B.G. und R. gegen einander beweisen, und wie diese dreye sich im Mittelpuncte auflösen, sich auch alle, in
dem ganzen Umkreise, in einem gleichseitigen Dreyeck gegen einander stehenden Mischungen auf dieselbe
Weise gegen einander verhalten. Dem Gr. und O. werden sich, da in beiden G. sowohl mit B. als mit R. zu
gleichen Theilen würkt, durch ihre Vermischung in ein gelbliches Grau verwandelt, welches sich zu Gelb (G.)
verhalten wird, wie der Punct a. (Fig. 7.) zu dem Mittelpunct g.. Welcher Punct a. ebensowohl das Mittel der
Linie G.g. ist, als sich daselbst die Qualität G. in der Vermischung von Gr. und O. doppelter Quantität oder
Kraft befunden hat, wie B. und R. jedes einzeln. Es wird also, wenn zu Gr. und O. noch V. hinzukommt, das
Gleichgewicht von B.G. und R. wiederhergestellt. Eben so verhält es sich mit jedem gleichseitigen Dreyecke,
welches der Peripherie anzulegen möglich ist; das Product desselben wird immer die totale Auflösung aller
farbigen Erscheinung seyn.
§18. Wir schließen nun: Da Weiß (W.) in gleicher Differenz mit jeder der drey Farben B.G.R. und in gleicher
Neigung zu allen dreyen stehet, und da Schwarz (S.) in gleichem Verhältniß sich befindet: so sey irgend ein
Punct der Neigung beider Pole zu einander auf der ganzen Linie W.S., und unter diesen auch der Mittelpunct

g. eben dieser Linie, für sich ebenfalls in gleicher Differenz mit jedem der drey Farbenpuncte B.G.R. und in
gleicher Neigung zu allen dreyen zu setzen. Fig. 8
§19. Da ferner die drey Farben B.C.R. in gleicher Differenz mit W. und S. und in gleicher Neigung zu eben
diesen stehen; so muß auch der Mittelpunct g. der Farbenscheibe, in welchem jene dreye ihre
Individualitäten durch gleiche Würksamkeit eingebüßt haben, in gleicher Neigung zu W. wie zu S. und in
gleicher Differenz mit eben diesen stehen. Folglich, da diese beiden Puncte g. (der Mittelpunct vom W. und

S. und der Mittelpunct des Dreyecks B.G.R.) schon mathematisch angesehen in eins zusammenfielen, gehet
jetzt, daß beide nur einer und derselbe seyn können, auch aus der gleichen Neigung in demselben zu allen
fünf Elementen, durch die gleichmäßige Würksamkeit derselben in diesem Puncte, hervor; so wie aus der

gleichen Differenz eine vollkommene Indifferenz, in welcher alle individuelle Qualitäten sich aufgelöset
haben, und also nur die bloßen Quantitäten ihrer materialen Substanz in einer Summe übrigbleiben können.

§20. Dieser Punct ist also, da er in gleicher Differenz mit allen fünf Elementen steht, als der allgemeine
Mittelpunct von allen anzusehen.

§21. Alle Mischungen, welche aus der Neigung irgend eines Punctes von dem ganzen Farbenkreise in Weiß
oder in Schwarz hervorgehen, (eine Neigung, die allen diesen Puncten gemein ist) werden sich in allmähligen
Abstufungen nach W. und nach S. verlieren, und müssen, (da alle nur das Produkt je zweyer reiner Farben
sind, und sich als solche bloß zu Weiß oder zu Schwarz neigen) als ganz frey von Zumischung einer dritten
Farbe gedacht werden. Sie sind also in jedem Puncte ihrer Neigung in derselben Differenz von dem
Mittelpuncte g. als der Zusammenwürkung dreyer Farben, (oder vielmehr als der Nichterscheinung aller
Individualität der Elemente, im Gegensatze von der deutlichen Zusammenwürkung und Erscheinung in den
ebengedachten Mischungen) und bilden mithin, da die Differenzen aller Puncte ihrer Neigungen (zu W. oder
S.) mit dem Mittelpuncte g. Radien ausmachen, lauter in die Pole W. und S. ablaufende Bogenlinien oder
Quadranten. Wodurch denn das ganze Verhältniß aller fünf Elemente zu einander, durch ihre Differenzen
und durch ihre Neigungen, die vollkommene Kugelfigur formiert, deren Oberfläche alle fünf Elemente, und
diejenigen Mischungen derselben enthält, welche in freundlicher Neigung der Qualitäten zu einander erzeugt
werden, und nach deren Mittelpuncte zu alle Nuancen der Oberfläche in gleicher Stufenfolge sich in ein völlig
gleichgültiges Grau auflösen: in Verhältnissen, wie ferne sie mit gleicher oder ungleicher Würksamkeit der
gesammten Elemente sich berührt haben. So wie überhaupt in jeder Bildung die Größe aus der Differenz,
und die Form aus der Neigung der Elemente zu einander hervorgeht.

§22. Man wird jetzt, wenn man sich die Farbenkugel (wobey eine gedoppelt beygefügte Abbildung, von dem
weißen, wie von dem schwarzen Pole herabgesehen, zur Vergleichung dienen möge) von der Oberfläche bis
zum Mittelpuncte in gleichmäßiger Würksamkeit durchdrungen vorstellt, die gleichfalls abgebildeten beiden
Scheiben, die eine als einen Durchschnitt im Äquator (als die Farbenscheibe,) die andere aber durch beide
Pole geführt (in der Richtung, daß im Äquator Roth und Grün (R. und Gr.) die beiden Endepuncte des
Diameters ausmachen) zu erkennen im Stande seyn. Wie ich denn auch nicht zweifle, daß man nach diesem
Schema sich die auf willkührliche Weise zwölffach eingetheilte Oberfläche leicht als einen völligen Übergang
wird denken können.

§23. Leicht ist nun einzusehen, daß auf gleiche Weise jeder Abschnitt, welcher parallel mit dem Äquator
geführt würde, in demselben Verhältniß einen schwarzgrauen Mittelpunct zeigen müßte, wie derselbe nach
dem schwarzen, so wie einen weißgrauen, wie er nach dem weißen Pole hin geschähe.

§ 24. So würden auch in allen Durchschnitten durch die Pole, welche im Äquator die Richtung eines
verschiedenen Diameters zeigten, auf die gleiche Weise sich die Farben beym Zutreffen auf die Linie W.S. in
Grau zerstören.

§ 25. Man wird sich nun eben so wenig irgend eine Nuance, welche, durch Vermischung, aus den fünf
Elementen hervorgegangen wäre, denken können, welche nicht in diesem Verhältniß berührt oder enthalten
wäre, als man sich eine andere richtige und vollständige Figur für das Ganze dieses Verhältnisses wird
vorstellen können. Und da jede Nuance zugleich in ihr richtiges Verhältnis, zu allen reinen Elementen wie zu
allen Mischungen gestellt ist, so ist diese Kugel als eine Generaltabelle zu betrachten, wodurch derjenige,
welcher zu seinem Geschäfte verschiedener Tabellen bedürfte, sich immer wieder in den Zusammenhang
des Ganzen aller Farben zurechtfinden könnte. Wie es denn jetzt dem Aufmerksamen einleuchten muß, daß
sich auf einer ebenen Fläche keine Figur zu einer vollständigen Tabelle aller Mischungen finden könne;
indem sich das Verhältniß nur cubisch nachweisen läßt.


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