ask23 > Philipp Otto Runge: Verse 1 (vermuthlich von 1802 und 1803)
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Philipp Otto Runge

Verse 1 (vermuthlich von 1802 und 1803)


1802

Verse 1 (vermuthlich von 1802 und 1803)



1.
Der trübe Nebel ist zerflossen,
Der Sonne Schein ist ausgegossen
Über das grüne Land.
Die kleinen Blumen sind entsprossen,
Die muntern Vögel, ihre Genossen,
Grüßen mich so bekannt
Und rufen mich jauchzend hin zum Wald.
O ja, ich komme bald!
Wer möchte wohl nicht in der Gesellschaft sein
Unter Blumen, im Walde, bei den kleinen Vögelein?

Mich dünkt, ich bin schon hier gewesen,
Wo ich die kleinen Blumen seh;
Sie stehn doch hier wie auserlesen,
Und mir wird innerlich nach ihnen weh.
Ich kann nicht wieder von hier gehn,
Ist's doch so lebendig und so lustig hier!
Die Vöglein singen in dem Wald:
Könnte das doch ein Mensch verstehn,
Und wäre der bei mir!
Wie's so gewaltig widerhallt!
Wenn ich steh Und nieder seh,
Alles ist lebendig und so mannigfalt.
Im Herzen brennt es mir so sehr,
Ich gäbe mein Herzblut, daß ich nicht so alleine wär
Und verstände das fröhliche Leben um mich her!
Alle Würmchen begrüßen sich
Und gehn fleißig umher;
Die Schmetterling erlustigen sich
Und freun sich so sehr.
Und ich alleine
Stehe, gehe, sehe und verstehe nichts von allen.
Wie die Stimmen schallen,
Wie die Blumen blühen,
Schmetterlinge ziehen,
Wie die Würmlein spielen
Und in Blumen wühlen,
In die Blüten sinken,
Die so lieblich winken
Nichts versteh ich um mich her,
Das betrübt mich sehr;
Und doch, wie ich hier stehe, so ganz allein,
Möcht ich immerfort in dieser Gesellschaft sein.


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