Philipp Otto Runge
An Perthes
An Perthes
Liebster Perthes, Daniel schreibt an Jacob, daß ihr
euch sehr über mich beklagt, daß ich euch so ganz vergäße. Es thut mir nun sehr leid, daß ihr das denkt; ich
habe grade in dieser letzten Zeit recht von Herzen an dich gedacht und wüßte auch nicht, wie ich damit
aufhören könnte. Das sollte ich mir nun freylich auch merken lassen, aber daran, daß dies~s nicht
geschehen, ist gar vielerley Schuld, und ich freylich mit. Wir haben den Sommer die Preußen an der Gränze
gehabt, und jetzt die Franzosen, und also immer ein doppeltes Interesse, welches aber nur so weit
interessant ist, daß es alle Augenblicke langweilig werden will und doch nicht dazu kommen kann, und wenn
man einmal die Nase aus dem Thore steckt, so denkt, sagt, oder hört man: "Mich soll wundern u.s.w." Ich will
es übergehen, wie unsre Herzen zerrissen sind durch die Begebenheiten beides der Welt und in unsrer
Familie,'die Angst vor der auswärtigen Gefahr, und die persönliche, die jeden Augenblick da. war, und es ist
noch nicht vorbey. Ich habe an mir gebessert, berichtigt, Vorsätze gef aßt, und adroitirt, ohne Ende und
Aufhören; einmal bin ich zu Klinkowström geritten, mir war's als sollte ich in den Krieg, ich ritt drauf los, bis
ich den Wolf weg hatte, und mich darüber zu beklagen wäre um nichts lächerlicher, als wenn ich mich über
meine jetzige verworrene Lage beklagen wolllte. Wie geht's Andern? Man muß sich schämen.Ich kann mir's
wohl vorstellen, daß ihr verdrießlich auf uns seyd wegen des Nichtschreibens, hoffe aber doch, daß du uns
.einmal ordentlich sagst, wie die Kinderchen sind, besonders die kleineren ---
Ueber meine Arbeiten, wie ich fortschreite, kann und mag ich fast nichts sagen, das zeigt sich besser; ich
suche mich gebrauchen zu lernen. --Ich werde fertig machen und mehr anfangen, aber wie soll ich wohl
Pläne darin machen, und jetzt? Mir steht unser Daniel und sein Haus zu lebhaft vor; ich kann selbst über
diese Vorstellungen dir kein Wort sagen, es ist vielleicht alles anders; wie wir es uns gedenken. Ich
verspreche dir, nicht fest zu wachsen, und fertig zu seyn, wenn uns die Hände nicht mehr gebunden sind,
zum Handeln. -Klinkowström grüßt euch alle viel tausendmal; er ist sehr wacker. Ich habe große Sehnsucht
nach Dresden durch ihn bekommen, und ohnehin. Seine Copie der Nacht ist noch verloren, es ist sehr
schmerzlich. Schade, daß er so gebunden ist; er war erst einige Stunden bey mir. Neulich ging ich von
Greifswald zu ihm; ich nahm zu Kemitz, eine halbe Meile von Ludwigsburg, einen Bauern, um mit mir
hinzureiten; es war hoch Wasser und Frost (den andern Tag noch), wir waren am Seestrande, der Wind war
stark und stand grad' auf's Land, viele Schwäne waren auch da, es war ganz herrlich. Es wird uns nun bald
an Farben fehlen; ist es in dieserzeit möglich, daß wir durch deine Güte einiges von Dresden und Leipzig
kriegen könnten? Grüße an Besser's und die Kinder, und in Wandsbeck von ganzem Herzen. Ich wünsche
euch Gesundheit und viel Freude; ich schicke Karolinen hierin etwas, worin sich eine gewisse Ader kürzlich
bey Gelegenheit aus mir ergoß -Ich grüße Karolinen. recht von Herzen. Grüße alle Bekannten und Freunde,
auch Herterich.
Es blüht eine schöne Blume
In einem weiten Land;
Die ist so selig geschaffen,
Und Wenigen bekannt.
Ihr Duft erfüllet die Thale,
Ihr Glanz erleuchtet den Wald;
Und wenn ein Kranker sie siehet,
Er gesundet alsobald.
Erglänzt' am Morgen die Sonne,
Da wähnt' ich, ich sollte sie seh'n.
Sie sank in Abendwolken,
Ich sehnte mich, mit zu geh'n.
Sanft war der Mond erschienen,
In stillem Glanz der Raum,
Da klangen der Nachtigal Töne
Doch alles war nur ein Traum.
Drey Könige kamen gezogen
Zu einem Heiligthum.
Der Stern stand über dem Hause,
D'rin lag die süße Blum'.
Wenn sich zween Augen wenden
Gleichwie zwey Sternelein,
Ach! wünsch' ich:
Möcht im Herzen
Dies edle Blümelein seyn!
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