Adolf Hölzel
23.10.14. Die Kunst soll persönlich sein. Wie vereint sich


23.10.14. Die Kunst soll persönlich sein. Wie vereint sich das damit, dass auf einmal Alle nach einem bestimmten[,] von einer Majorität, wahrscheinlich einer unkünstlerischen, ausgegebenen Rezept[,] deutsch arbeiten sollen. Wenn wir unsere verschiedenen grossen Künstler nennen, Trübner, Thoma, Dill, Schönleber, Haug, Zügel, Landenberger[,] Herterich[,] Kallmorgen, Fütz[?] u.s.w. und jedem in's Gehirn sehen könnten, wie er sich eine allgemeine deutsche Kunst vorstellt!! Als wir 1900 in Paris waren, wies Schönleber auf die Barbizoner und nannte lauter Münchener Lierschüler, bei den einzelnen Franzosen, da man so deutlich die Abkunft sah. Wo ist da das Deutsche, wenn nicht im Menschen selbst, da das Rezept Barbizon ist; freilich über England zu Poussin und besonders zu den Venetianern hinleitet. Aber warum über Solches schreiben, da selbst Goethe auf die vielen Einflüsse, die auf ihn einwirkten, hinwies. Ja was wäre unser grosser Krieg ohne Dampf[,] ohne Telephon, ohne Elektricität[,] ohne unserer grossartigen Waffen und Unterseeboote, das Alles von anderen Nationen erfunden ist, ohne Feldgrau[,] ohne Schützengräben, die die Japsen zuerst so ausnützten. Was ist besser, dass wir ausgezeichnete Ausländer in den Gallerieen [sic] haben, oder dass wir immer wieder in's Ausland fahren müssen, um sie dort zu studieren? Ich hätte gar Nichts dagegen und arbeite auf's Ernstlichste daran mit, deutsche Kunst zu fördern, wenn durch eine deutsch[/]chinesische Kunstmauer unsere Kunst wirklich auf höchste Höhe gehoben würde. Aber wir hören nur, unsere Kunst muss auf deutschem Boden stehen; aber keiner sagt wie. Wie sie jetzt ist, im Sinn der oben genannten Namen, haben wir auf allen internationalen Ausstellungen Niederlagen erlebt, aus denen wir lernen konnten, dass es so noch nicht das Richtige ist. Nun habe ich die Überzeugung, dass die Jungen auf gutem Wege sind. Sie werden ihn, wenn sie zurückkommen[,] auch zu verteidigen wissen. Der Kampf [quer neben linkem Rand] wird gekämpft und die künstl. Jugend, die das kräftigste Mannesalter repräsentirt[,] wird siegen und den älteren, die nicht mehr mitkönnen, ihre wohlerworbenen Ehren lassen. So ist die Einigkeit denkbar; aber nicht durch Vernichtung des Gesunden.
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