Adolf Hölzel
Meine lieben und verehrten Damen und Herren.


Meine lieben und verehrten Damen und Herren. Die grossen Ereignisse des gegenwärtigen Krieges haben es nur aus den verschiedensten Gründen unter denen trotz aller Erhebung und höchsten patriotischen Begeisterung der seelische Druck seine Rechte forderte, unmöglich gemacht mit meinen Vorträgen früher zu beginnen. Ja ich zweifelte[,] ob ich überhaupt in diesem Jahre dazukommen werde[.] Und Sie werden es begreifen; da Sie Ähnliches wie ich fühlen und Ihre Herzen ebenso stark und begeistert schlagen. Es ist kaum möglich an ein künstlerisches Schaffen zu denken[,] wenn man es ständig als Qual empfindet, dass andere in der Front für die gemeinsame Sache kämpfen, ihr Leben lassen, die grössten Opfer bringen; auch für uns, die wir hier bleiben mussten[.] dass ernste Pflichten auf uns ruhen 6.2.15 M.l. Damen und Herren Ich hatte im letzten Vortrage darauf hingewiesen, dass wir das Deutschtum sehr hoch aufzufassen haben und uns nicht blos darin sonnen dürfen, keine Einbildung sondern Ausbildung bis auf's Äusserste! Dass aber eine gründliche Ausbildung in jeder Hinsicht nur möglich ist indem wir Alles zum ständigen Vergleiche heranziehen und hiezu auch Alles[,] was im Ausland geschaffen wurde und wird, wen(n) wir den anderen Nationen gegenüber eine wirklich führende Stellung einnehmen wollen (,) [Anm.: Einschub nicht eindeutig ]hereinziehen müssen. Ja[,] dass dieses für die Zukunft eine ebenso wichtige wie grosse Aufgabe für Deutschland[,] auch in den [?.][,] und damit auch für uns Dt. Alles[,] was wir von den Classikern begreifen können[,] erfassen und immer tiefer in sie eindringen [?1.] in die Kunst, damit wir sie nicht nur teilweise sondern müssen wir sie voll erfassen Wirkungen nicht blos[,] sondern auch ihre Ursachen erkennen lernen. Alle Anschauung ist eine intellektuale (Schopenhauer). So ist alle Composition aus dem Gegenstande heraus, d.h. vom Gegenstande ausgehend, Sache des Verstandes. Da die Deutschen durchwegs vom Gegenstand in der Malerei ausgehen, so ist ihre Kunst durchaus intellektual, entspricht also von vorneherein nicht dem Wesen von Kunst, die wir apriori als Empfindungssache ansprechen. Ist auch das endliche Kunstwerk. wie die künstlerische Höchstempfindung ein viel mehrfaches Resultat, so bleibt der Ausgangspunkt immer unsere Empfindung, die auch in allen Stadien die höchste Richterin und Befehlshaberin sein wird. Wir müssen uns demnach vor allem über diese für uns so notwendige Empfindung [...?...] klar werden.
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