Adolf Hölzel
Ich wurde öfters gefragt und gab Ratschläge.


Ich wurde öfters gefragt und gab Ratschläge. Doch wurden diese nicht befolgt. Das vom Staat sanctionirte sitzt zu tief im Menschen. Die Akademie gilt als eine Art Heiligtum. Lassen wir ihn zuerst die Akademie absolviren, vorher die Matura machen. Man weiss zu wenig, dass der Maler Handwerker ist und dass unsere Mittelschulen gar nicht auf den Maler zugeschnitten sind. Freilich wäre die höchste Bildung für den Künstler gerade recht. Und ebenso könnte man von den Akademieen[sic], wenn sie richtig functionirten [sic] so sehr viel haben. Am meisten haben und lernen die tüchtigen Gehilfen eines guten Meisters von ihm. Keiner kann sich so eingehend mit einem Schüler in einem weiter abliegenden Atelier beschäftigen, wie der Meister mit seinen Gehilfen die die meiste Zeit um ihn herum sind und die das machen müssen, was der Meister von ihnen strikte verlangt. Und da ist es am besten für ihre Zukunft, wenn die jungen Leute zu einem neueren ja neuesten Meister gehen. Zunächst wird ja das Neuere immer etwas scheel angesehen, muss auch darin mehr geforscht werden. Es ist mit bestimmten Gefahren verbunden. Und doch zeigt sich im Krieg, der uns so Vieles lehrt, dass gerade die Flieger zu hohen Ehren kommen u.s.w. So finden wir auch in der Malerei, dass eine notwendige Intelligenz ein bestimmter Mut dazu gehört, sich möglichst bald dem Neuesten zuzuwenden und wo möglich mitzuhelfen an seiner Entwicklung, und werden bald finden, dass die geistig Intelligenteren die Talentirteren [sic] sich dem Neueren zuwenden. Sie werden bei dem hiebei notwendigeren eingehenden Studium auch mit dem Studium classischer Meister besser auf ihre Rechnung kommen, als wenn sie eine einseitigere ältere Richtung betreiben. An den Akademieen[sic] schiessen wir eigentlich noch mit Kanonen aus dem Jahre 1830. 29.06.16
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